Michael Sagenhorn/ Juni 2, 2023/ Kino und Film, Science-Fiction/ 0Kommentare

2015 bis 2022 / FSK 16 / 6 Staffeln, 62 Episoden, ca. 42 Minuten

Die Science-Fiction-Serie The Expanse spielt im 24. Jahrhundert und basiert auf den Geschichten der Autoren Daniel James Abraham und Ty Franck. Unter dem Pseudonym James S.A. Corey veröffentlichten sie 9 Romane, zudem mehrere Kurzgeschichten und Novellen. Der erste Band Leviathan erwacht ist 2011 erschienen; mit dieser Geschichte startet auch die Serie und nimmt uns mit, auf eine spanende Tour durch unser Sonnensystem in ferner Zukunft.

Handlung (Ausgangslage)

Wir schreiben das Jahr 2350. Der Eisfrachter Canterbury ist auf den Weg zum Zwergplaneten Ceres im Asteroidengürtel, um die dortige Station mit dringend benötigten Wasservorräten zu versorgen.

James Holdens alltäglicher Dienst als frischgebackener erster Bordoffizier, wird plötzlich von einem Notruf unterbrochen. Da in dieser Region Wasser kostbarer als Gold ist, vermutet die Crew der Canterbury, dass es sich um eine Falle von Weltraumpiraten handelt.

Trotzdem startet man eine Rettungsmission. Doch schon bald bestätigen sich die Befürchtungen: Die Canterbury wird angegriffen und zerstört, – aber nicht von Piraten, sondern scheinbar von einem Raumschiff des Mars.
Holden überlebt mit wenigen anderen, weil sie auf einer Erkundungsmission zu jenem Schiffswrack waren, das der Ursprung des Notsignals gewesen ist. Zu den wenigen Überlebenden gehören, die auf den äußeren Stationen aufgewachsene Ingenieurin Naomi Nagata, der von der Erde stammende stoische Mechaniker Amos Burton und der ehemalige Navy-Pilot Alex Kamal vom Mars.

Während die Überreste der Canterbury-Crew in ihrem manövrierunfähigen Shuttle ums Überleben kämpft recherchiert Detektive Joe Miller auf der Ceres-Station nach der spurlos verschwundenen Tochter eines reichen Konzernchefs, Julie Mao.
Bei seinen Ermittlungen stößt er auf Verbindungen zwischen Julie Mao und Untergrundaktivisten, die die Unabhängigkeit der äußeren Planeten von Erde und Mars fordern. Und je tiefer er in das Leben von Julie Mao eintaucht, desto mehr wachsen seine Gefühle für sie, aber desto gefährlicher werden die Ermittlungen. Es scheint, dass der Konzern ihres Vaters ein schreckliches Geheimnis in Form einer neuen Biowaffe verbirgt…

So beginnt die durchdachte und spannende Geschichte von The Expanse. Gleich vorweg: Der Serie gelingt es, die Qualität der ersten Staffel über alle 6 Staffeln beizubehalten. Die Herausforderungen, denen sich James Holden und seine Crew stellen muss, ändern sich zwar (jede Staffel bietet einen eigenen Themenschwerpunkt), aber es bleibt bis zum Ende hin interessant. Ich persönlich hätte nichts gegen eine Fortsetzung gehabt, denn jede Staffel widmet sich einem Band der Romanreihe. Von dem her hätte der Stoff noch für drei weitere Staffeln gereicht. Nach derzeitigem Stand sind diese leider nicht zu erwarten.
Im Laufe der ersten Staffel kommen Holden, Nagata, Burton und Kamal in Besitz eines kleinen Raumschiffes vom Mars. Dieses Schiff ist ein, für seine Größe äußerst effizientes – und im späteren Verlauf gefürchtetes Kampfschiff. Und da der neuen Crew niemand den Besitz streitig macht, behalten sie das Schiff, das von Alex Kamal auf den Namen Rocinante getauft wird.

Die Crew der Rocinante

© Amazon Studios

Die Charaktere machen über die Dauer der Serie stellenweise interessante Entwicklungen durch. Von diesen Entwicklungen am wenigsten betroffen ist tatsächlich Captain James Holden (Steven Strait). Zwar ist es ein weiter Weg vom einfachen Offizier zum Helden des Sonnensystems, und wir lernen ihn von Folge zu Folge besser kennen, trotzdem bleibt eine größere Charakterentwicklung aus. Er ist korrekt, gerecht und sympathisch, aber er hat kaum Ecken, an denen wir uns stoßen könnten, was ihn leider zu einem Durchschnitts-Gutmenschen macht.

Das für mich interessanteste Crewmitglied ist Amos Burton (Wes Chatham). Mit diesem, oberflächlich betrachtet, plumpen und brutalen Typus konnte ich die ersten Folgen gar nichts anfangen. Mittlerweile ist er einer meiner Lieblingscharaktere geworden. Auch an Naomi Nagata (Dominique Tipper) musste ich mich anfangs erst gewöhnen. Hatte ich doch die Befürchtung, mit ihr bekommt die Serie einen taffen aber schlicht gezeichneten Badass, musste ich aber sehr bald feststellen, dass ich hier extrem falsch gelegen habe, weil Naomi einen durchaus verletzlichen, zartfühlenden Kern enthält.

Alex Kamal (Cas Anvar) ist mir von Anfang an sympathisch gewesen. Mit seiner lockeren, einvernehmenden Art, schafft er es immer wieder die Crew zusammenzuschweißen.


Darüber hinaus beherbergt die Rocinante je nach Staffel verschiedene Gäste, die für die jeweilige Staffel von entscheidender Bedeutung sind. Die gesamte Schauspielerriege beherrscht ihr Handwerk! Lebensechte Charaktere werden absolut glaubhaft verkörpert, – auch in Nebenrollen.

Die Liste der Protagonisten, bzw. Antagonisten, die eigentlich eine spezielle Erwähnung hätten finden müssen, ist leider zu lange für diesen Artikel, der nur einen Überblick über die Serie geben soll. Herausstreichen möchte ich aber noch zwei: Detektive Joe Miller (Thomas Jane), mit dem markanten Hut. Bei Miller habe ich besonders in der ersten Staffel auf Ceres mitgefiebert. Dieser Teil der Handlung ist eine gute Detektivgeschichte, in der es um die Auffindung der Millionärstochter geht.
Zudem verkörpert Shohreh Aghdashloo die kompetente und geerdete Generalsekretärin der Vereinten Nationen Chrisjen Avasarala. Chrisjen erinnert mich sehr stark an Präsidentin Laura Roslin aus der Serie Battlestar Galactica.

Machtkämpfe und Protomoleküle

Starke und geerdete Führungskräfte kann die Erde gut brauchen, denn die Herausforderungen im 24. Jahrhundert sind nicht weniger geworden. Aufgrund der Überbevölkerung hat die Erde vor allem mit Arbeitslosigkeit und Wohnungsmangel zu kämpfen. Vielen Erdbewohnern fehlt der Lebenssinn.

Der Mars wiederum möchte sein Terraforming-Projekt vorantreiben, um den Mars in eine blühende Landschaft zu verwandeln. Der Mars ist die zweite starke Macht im Sonnensystem. Die haben zwar nicht so viele Ressourcen, wie die Erde, jedoch verfügen sie über die fortschrittlichste und bestausgebildetste Armee.

© Amazon Studios

Zwischen den Fronten Erde und Mars, befinden sich die Menschen, die sich über das restliche Sonnensystem verteilt haben, und auf Raumstationen und orbitalen Stationen leben, nahe der Gasriesen und auf dessen Monden. Diese Menschen werden Gürtler genannt. Sie haben sich vereint zu einer losen Organisation, der OPA (Outer Planet Alliance). Die OPA besteht aus einzelnen Zellen und Netzwerken, von denen einige im Untergrund agieren, vor allem um das Hauptanliegen des Gürtels mit allen Mitteln durchzusetzen: Unabhängigkeit von den inneren Planeten Erde und Mars. Gerade die Erde setzt Gürtler immer wieder unter Druck, da kostbare Ressourcen, Wasser und Luft nur von dort geliefert werden können.

Seit Jahrzehnten wachsen die Spannungen zwischen Erde, Mars und Gürtel. Die Systeme stehen am Rande eines Krieges.
Die Menschheit hat sich also über das Sonnensystem ausgebreitet, mit einer beeindruckenden Technologie, aber Probleme wie wir sie heute kennen existieren auch 300 Jahre in der Zukunft weiter. Scheinbar lernt die Menschheit nur gemächlich dazu. Jetzt genügt ein Funke, und das Pulverfass ‚Sonnensystem‘ wird von zerstörerischen Flammen erhellt.

Das allein bietet schon Stoff für einen spannenden Sci-Fi-Politthriller. Doch im Laufe der ersten Staffel erfahren wir, dass The Expanse noch mehr auf Lager hat: Sowohl Holden und seine Crew, als auch Joe Miller entdecken unabhängig voneinander, die Existenz einer seltsamen, blau leuchtenden Substanz, die scheinbar äußerst gefährlich ist. Aber was ist diese Substanz, -dieses sogenannte Protomolekül? Ist es tatsächlich die neue Biowaffe eines größenwahnsinnigen Konzerns? Oder steckt vielleicht mehr dahinter? Bis der Leviathan erwacht wird auch dieses Geheimnis gelüftet.

Wichtige Schauplätze

Neben Erde und Mars nimmt uns die Story auch zu exotischen Schauplätzen innerhalb unseres Sonnensystems mit. Wer mit der Geschichte noch gar nicht vertraut ist, kann mit den einzelnen Stationen noch nicht viel anfangen, weil deren Funktionen und Aufgaben erst mit vorschreitender Story tiefer beleuchtet werden.

Die Ceres-Station lernen wir schon früh in der Serie kennen. Diese Raumstation ist einer der ersten Orte der äußeren Planeten, die von Menschen besiedelt wurde. Sie ist der wichtigste Hafen im Gürtel und beherbergt ca. 6 Mio. Einwohner. Ursprünglich war Ceres ein Protektorat der Vereinten Nationen. Für die Sicherheit sorgt die Star Helix Security, für die auch Detektive Joe Miller arbeitet. Aufgrund ihrer Wichtigkeit, ist diese Station immer wieder ein umkämpfter Schauplatz der Serie.

Die Tycho-Station ist die geheime Schaltzentrale der OPA, und das Hauptquartier des Gürtler-Konzerns Tycho Manufacturing and Engineering. Die Station dient als gewaltige mobile Werft, auf der in den ersten Teilen der Serie ein beeindruckendes Generationenraumschiff der Mormonen konstruiert wird. Die Station ist zu Beginn der Serie eine der sichersten Stationen im Sonnensystem, weil sowohl Mars, als auch Erde Tyco mit Aufträgen versorgt.

Die Eros-Station ist ebenfalls eine der ersten kolonialisierten Stätten. Die Station wurde nach dem kartoffelförmigen Asteroid Eros benannt, an dem die Station gekoppelt ist. Eros ist der zweitgrößte erdnahe Asteroid, liegt im Asteroidengürtel, und umkreist die Umlaufbahnen von Erde und Mars. Zum Ende der ersten Staffel ist die Eros-Station der Schauplatz für das spannende Staffelfinale: Der Eros-Vorfall (Leviathan erwacht). Nach diesem Vorfall stürzt der Asteroid auf die Venus. Doch das Ende von Eros ist das noch nicht…

Phoebe ist ein Saturn-Mond. Auf diesem Mond befand sich eine marsianische Forschungsstation. Phoebe ist zwar kein eigentlicher Schauplatz der Serie, aber es wird immer wieder auf die Station Bezug genommen. Hier tauchte das sog. Protomolekül zum ersten Mal auf. Auch das in den ersten Folgen der Staffel 1 wichtige Kriegsschiff des Mars, die Donnager war dort, und fand die Leichen aller dorthin entsandten Forscher.

The Expanse bietet einen tiefen und faszinierenden Einblick in den Aufbau unseres Sonnensystems. Alle Himmelskörper stützen sich auf real erforschte Objekte, und bieten eine glaubwürdige Verschmelzung von Wirklichkeit und Fiction. In den späteren Staffeln kommen auch Exoplaneten hinzu, die ebenfalls einen eigenen Charme ausstrahlen.

Fazit

The Expanse hat mich gepackt! Die politischen Verwicklungen zwischen Erde, Mars und Gürtel sind ebenso spannend, wie die von Megakonzernen geplanten Macht-Intriegen. Es wird mit allen Bandagen gekämpft, Politiker, Militär, Spione, Dipolamten und Terroristen versuchen mit Waffen, Worten oder Wissenschaft das Geschick des Sonnensystems zu lenken.

Zwischen allen Fronten fliegt die Rocinante ihre Einsätze. An Bord eine sympathische, nahbare Mannschaft, mit der es Spaß macht, durch unser Sonnensystem, – und darüber hinaus zu reisen.

Zwar kenne ich die Bücher (noch) nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass die Serie nah an den ursprünglichen Geschichten angelehnt ist. Dafür spricht zumindest die konstant hohe Qualität des Drehbuchs, die über alle Staffeln hinweg eingehalten wird.
The Expanse ist erwachsene Science-Fiction, jenseits bekannter Franchise-Marken. Jeder SF-Fan sollte seine Freude daran haben.

Nur die Staffeln 1 bis 3 gibt es bisher auf Blu-Ray zu kaufen. Alle Staffeln können bei Amazon Prime gestreamt werden. Solltet ihr keine Möglichkeit haben eine bestimmte Staffel zu sehen, ist das nicht so schlimm. Jede Staffel ist in sich abgeschlossen. Man kann daher die Serie nach jeder Staffel für sich beenden.

Bildquelle: © Amazon Studios

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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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