Michael Sagenhorn/ Februar 5, 2024/ Kino und Film, Science-Fiction, Zeitgeist/ 0Kommentare

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Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Nach dem weltweiten Einzug des Internets in unsere Haushalte (nach einer Schätzung von 2023 gibt es knapp 5,4 Milliarden Internetnutzer weltweit), erobert nun auch die künstliche Intelligenz immer mehr unseren Alltag. Bis jetzt sind es nur einfache Helfer z.B. Bildgeneratoren, Textassistenten oder Chatbots, aber wir stehen erst am Anfang einer neuen technischen Revolution. Es scheint, als wären Science-Fiction-Geschichten in unsere gegenwärtige Realität eingebrochen.

Auch Filme zu diesem Thema haben im Laufe der Jahrzehnte einen entscheidenden Wandel durchlebt.

Die Killer-KI

Während Westworld der Film von 1973, sich nur damit auseinandersetzt, was passiert, wenn Roboter aus unbekannten Gründen durchdrehen, enthält Westworld die Serie ab 2016 (von der ich nur die erste Staffel kenne) schon philosophische Ansätze darüber, was Leben ist und wann das Leben beginnt.

© Warner Home Video

Darum geht es im Kinofilm noch nicht. Es gibt keine tiefgehende Analyse, warum die Maschinen des Ferienparadieses Delos durchdrehen. Man wollte einfach nur Spannung erzeugen, durch unheimliche Killermaschinen – was durchweg gut gelungen ist. Doch schon hier wurde der Ansatz aufgegriffen, dass sich Roboter teilweise selbst programmieren. Die Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel, weil sie das aus der Programmierung resultierende Verhalten der Maschinen nichtmehr nachvollziehen können. Hilflos nennen sie das Phänomen ‘Roboterkrankheit’.

Die zentrale Bedrohung in Westworld geht von dem Revolverhelden aus, ganz hervorragend verkörpert von Yul Brynner. Dessen Präsenz wird bei jedem Leinwandauftritt beängstigender. Die von Brynner in Die glorreichen Sieben gespielte Hauptfigur Chris Adams, diente als Vorlage für den Killerroboter. Michael Crichton (Autor Jurassic Park) führte Regie und war auch für das Drehbuch verantwortlich.
Meiner Ansicht nach gehört Westworld bis heute zu den besten Filmen dieser Art, obwohl er weit vor Der Terminator gedreht worden ist.

James Camerons Der Terminator von 1984, zeigt uns mit dem T-800 eine tödliche, sehr einfach gestrickte Maschine, die ihrer Programmierung der Vernichtung folgt, und uns dadurch Gänsehaut bereitet. Das liegt auch an der körperlichen Präsenz des Darstellers Arnold Schwarzenegger, der dem Cyborg eine imposante Aura verleiht.

Eigentlich wäre für diese Rolle Lance Henrikson vorgesehen gewesen, aber als T-800 hätte Henrikson nicht annähernd so viel hergemacht, wie der ehemalige Bodybuilder. Dafür bedachte James Cameron Lance Henrikson 1986 in seinem Film Aliens – Die Rückkehr mit jener Rolle die ihm zum Durchbruch verholfen hat: Roboter Bishop, dessen Prozessoren komplexere Gedankengänge ermöglichen, als bei dem T-800 und auch weiterentwickelt sind, als bei Bishops Vorgängermodel Ash, der von Ian Holm im Film Alien verkörpert wurde.
Der erste T-800 hingegen war noch relativ einfach gestrickt. Die Zuschauer können sogar zusehen, wie er seinen Antwortenkatalog herunter rattert, um eine passende Antwort zu wählen: Antwort 5 „Fuck you, Asshole“.

Mehr wollten wir Zuschauer auch nicht. Der T-800 tat genau das, wofür wir ins Kino gegangen sind: Bedrohung ausstahlen und töten. Erst in Terminator 2 gestand man der Maschine zu, tiefere Entscheidungen zu treffen, und über die Basisprogrammierung hinauszuwachsen, was allerdings ein paar Filme später in Terminator: Dark Fate grotesk darin gipfelt, dass der Terminator, einst eine erschreckende Killermaschine, nun Windeln wechselt, und als Familienvater eine gute Figur hinlegt.

Eigentlich ist diese Idee gar nicht mal übel. Sie hätte viel Potential geboten, gerade vor dem Hintergrund, dass die Killermaschine den Sohn der Protagonistin ermordet hat. Die Idee passt aber nicht zu einem Terminator-Film. Hier wäre es wichtig gewesen, etwas Eigenes zu schaffen. Da hätte man diesen weiteren Schritt in der Evolution der Film-Maschinen aufgreifen können, ohne ein komplettes Franchise zu zerstören, und die Fans vor den Kopf zu stoßen, indem man den Publikumsliebling John Connor tötet, nur um ihn gegen eine billige Kopie zu ersetzen.

KI im Weltraum

Auch im Weltraum tummeln sich unzählige Cyborgs, Roboter, Computer und sonstige KI-Vertreter. Fast jeder kennt die Star Wars Astromech Droiden, von denen R2-D2 der Bekannteste ist. Oder gefährlichere Modelle, wie bei 2001 Odyssee im Weltraum, in der die Künstliche Intelligenz HAL 9000 im von ihm kontrollierten Raumschiff Discovery One vier Besatzungsmittglieder ausschaltet, bevor es dem letzten Mitglied Dave gelingt ihn auszuknipsen. Am Ende hat HAL Angst vor dem Tod. Ob er spätestens da begriffen hat, welch folgenschwerer Entschluss es war, das Leben der Menschen zu beenden?

Eine der interessantesten Veränderungen der Filmgeschichte haben die Zylonen durchgemacht. Das synthetische Roboter-Volk aus Kampfstern Galactica, einer Science-Fiction-Serie die von 1978 bis 1980 ausgestrahlt wurde, war zu Beginn eine Rasse, die sich gegen ihre Herren und Erbauer auflehnte und sie gnadenlos vernichtete. Die wenigen überlebenden Menschen werden von den Zylonen unnachgiebig verfolgt, mit dem Ziel ihren endgültigen Untergang herbeizuführen.
Die Serie greift das typische Gut-Böse-Prinzip auf. Das durchmilitarisierte Zylonen-Imperium ist eine böse Vernichtungsmaschinerie, während man bei den Menschen kaum negative Seiten findet.

In der packenden Neuverfilmung Battlestar Galactica, einem Highlight der Science-Fiction-Serien, das von 2004 bis 2009 produziert wurde, sind nicht nur die Crewmitglieder der Menschen viel facettenreicher gezeichnet, sondern auch den Zylonen gibt man einen interessanteren Hintergrund, der fast schon religiös esoterische Aspekte der Wesenswerdung beinhaltet. Das Ende der Serie finde ich einfach genial.
Auch die Ursachen des Zylonen-Aufstandes werden näher beleuchtet: Die Zylonen waren es leid, die Sklaven der Menschen zu sein, und wollten sich nichtmehr ausbeuten lassen.
Das ist ein Konflikt zwischen Mensch und Maschine der uns immer wieder in Science-Fiction-Filmen begegnet, z.B. auch in Matrix oder in The Orville.

© LEONINE Studios

Auch die Serie The Orville bietet eine spannende synthetische Spezies: Die Kaylon. Diese Hommage-Serie an das traditionelle Star Trek schafft es diesen künstlichen Intelligenzen einen sehr interessanten, ja teilweise packenden, wenn auch nicht gerade neuen Hintergrund zu geben. Überdies sorgt das Kaylon-Crew Mitglied Isaac immer wieder für Schmunzler oder Momente, die zum Nachdenken anregen. Isaac ist ein faszinierender Charakter, der sich hinter seinen berühmten Star Trek – The Next Generation Kollegen Data nicht verstecken muss. Zudem schafft es diese Maschine eine Bindung zu mir als Zuschauer aufzubauen, obwohl sie noch nicht mal über ein richtiges Gesicht verfügt.

In Star Trek – Der Film von 1979 bekommen es Kirk, Spock und McCoy mit einer künstlichen Superintelligenz zu tun, die nach ihrem Schöpfer sucht, und dabei immensen Schaden anrichtet. Maschinen waren in Star Trek also auch schon vor den Borg eine ernstzunehmende Bedrohung, obwohl die Maschinen-Hybriden zu den beliebtesten Antagonisten des Star Trek Universums gehören. Für mich entwickelte sich Star Trek TNG erst mit dem Erscheinen der Borg zu einer Serie, die ich endlich ernst nehmen konnte.

Landen wir wieder auf die Erde, und betrachten die folgenden fünf Filme zu künstlichen Intelligenzen näher. Zwei Filme hier und drei Filme im zweiten Teil des Artikels.

A.I. – Künstliche Intelligenz

© Warner Home Video

In Steven Spielbergs Science-Fiction Drama holt sich ein Ehepaar den künstlichen Jungen David ins Haus, um über den Verlust ihres leiblichen Sohnes hinwegzukommen. Denn der liegt mit nur geringen Chancen wieder zu erwachen im Koma. Nach der sogenannten Prägung erkennt David die Frau als Mutter an. Zu Beginn geht alles gut, bis ihr leiblicher Sohn gegen alle Erwartungen doch aus dem Koma erwacht. Da es zwischen dem Sohn und dem Roboter immer wieder zu Spannungen kommt, beschließt das Paar David in der Wildnis auszusetzen, denn ein bereits geprägter Roboter, den die Besitzer nicht mehr haben möchten, würde demontiert werden.

David schlussfolgert, dass ihn seine ‚Eltern‘ zurücknehmen und lieben würden, sobald er ein echter Junge sei. So macht er sich auf die Suche nach der Blauen Fee, jener Fee die in der Geschichte von Pinocchio die Holzpuppe in einen richtigen Jungen verwandelt. David hofft, dass sie ihn ebenfalls in einen richtigen Jungen verwandeln kann…

Im Grunde gehört A.I. zu den ergreifendsten Filmen, die künstliche Intelligenz thematisieren. Die Suche von David nach der Blauen Fee geht richtig ans Herz. Nur selten habe ich mit einem Roboter so mitgefühlt, wie mit dem kleinen Jungen, den man einfach ausgesetzt hat, weil er plötzlich unbequem geworden ist.
Für mich wäre A.I. einer der hervorragendsten Filme über künstliche Intelligenz, wäre da das Ende nicht.

Mit dem Schluss hat Spielberg mir einen Schlag in die Magengrube verpasst. Für mich hat dieses Ende die gesamte Botschaft des Films über den Haufen geworfen. Ich will hier nichts verraten, aber ich habe kurz gedacht, ich wäre im falschen Film. Nur so viel: David ist ein Prototyp, kurz davor in Serie zu gehen. Ein rundes Ende wäre meiner Meinung nach gewesen, wenn David und sein weibliches Pendant in Produktion gegangen, und in jedem Kaufhaus erhältlich gewesen wären, während der David, den wir auf seiner Reise begleitet haben, und zu dem wir eine Bindung aufgebaut haben, irgendwo in der Einsamkeit verrottet.
Das hätte uns mit einem beklommenen Gefühl zurückgelassen, aber uns die Wegwerfgesellschaft in der wir leben schonungslos vor Augen geführt, denn diese Botschaft vermittelt dieser Film ohnehin deutlich an mehreren Stellen. Ein solches Ende wäre zwar nicht positiv gewesen, aber konsequent. Es wäre ein Ende von Wert gewesen.
Stattdessen präsentiert uns Spielberg ein rührseliges und unpassendes Blockbuster-Ende, nur um einen billigen Plot Twist einzubauen. Sehr schade!

I, Robot

© LEONINE Studios

Biochemiker und Science-Fiction-Autor Isaac Asimov ist Ideengeber für diesen Film mit Will Smith als Detective Del Spooner. Jedoch werden lediglich bestimmte Leitgedanken in die Filmhandlung übernommen. Darunter auch die drei Robotergesetze:

  • Ein Roboter darf keinem Menschen schaden oder durch Untätigkeit einen Schaden an Menschen zulassen.
    • Ein Roboter muss jeden von einem Menschen gegebenen Befehl ausführen, aber nur, wenn dabei das erste Gesetz nicht gebrochen wird.
    • Ein Roboter muss seine eigene Existenz bewahren, es sei denn, dies spricht gegen das erste oder zweite Gesetz.


Diese drei Gesetze werden jedem Robot implementiert, um zu gewährleisten, dass er keinen Menschen Schaden zufügt. Die Entwicklerfirma U.S. Robotics, die diese Robots als Alltagshelfer vertreibt ist gerade dabei sein neuestes Modell NS-5 auf den Markt zu bringen, das sich vor allem dadurch von den Vorgängern unterscheidet, dass es direkt mit VIKI, dem positronischen Zentralrechner der Firma verbunden ist, was zum Beispiel Softwareupdates komfortabler macht.

Doch der Selbstmord eines Chefentwicklers Alfred Lanning sorgt für Unruhe und Wirbel. Vor seinem Tod hat Lanning Detective Del Spooner mit der Untersuchung seines Selbstmordes beauftragt. Hat Lannings Entscheidung etwas damit zu tun, dass Spooner große Ressentiments gegen Roboter verspürt? Könnte es sogar sein, dass die Robotergesetze gebrochen worden sind und mehr als ein Selbstmord dahintersteckt.

Spooner entdeckt am Tatort eins der neuen Robot-Modelle namens Sonny, das sich sehr ungewöhnlich verhält. Sonny gibt sogar an, Träume zu haben. Gemeinsam mit der Roboter-Psychologin Dr. Susan Calvin versucht Spooner diesen geheimnisvollen Fall auf den Grund zu gehen. Er entdeckt, dass Lanning weitere Hinweise gut verborgen hinterlassen hat. In Aufzeichnungen erwähnt er den ‚Geist der Maschine‘, was bedeutet, dass Robots sich von alleine weiterentwickeln können. „Eines Tages werden sie Träume haben“, erzählt der Entwickler.

Spooner und Calvin begreifen, dass Lanning mit Sonny eine einmalige Maschine konstruiert hat, die sogar selbst entscheiden kann, ob sie die Robotergesetze anwendet.
Daher beschließt U.S. Robotics Sonny zu zerstören. Calvin möchte das verhindern. Sowohl sie, als auch Spooner begreifen, dass Sonny zu einem bestimmten Zweck gebaut worden ist. Dieser Zweck könnte das Geheimnis hinter Lannings Selbstmord lüften…

In I, Robot begleiten wir Spooner wie er der Lösung des Falles Stück für Stück näherkommt, und sich deswegen immer gefährlicheren Situationen stellen muss, die eindrucksvoll in Szene gesetzt werden, wie z.B. der Abrissroboter. Der Film ist rasant und actionreich inszeniert, vergisst aber nicht, grundlegende Ideen zur künstlichen Intelligenz weiter auszuführen.

Wann wird ein Wahrnehmungsschema zu einem echten Bewusstsein? Wann entwickelt sich aus einer Persönlichkeitssimulation eine richtige Seele?

Sonny wurde tatsächlich für einen bestimmten Zweck gebaut. Und daher fragt sich der Roboter, was er mit sich anfangen soll, wenn dieser Zweck erfüllt ist. Im Gegensatz zu einem T-800 aus Terminator 1 beschäftigt sich diese Maschine explizit mit dessen Existenz. Die Maschine entwickelt sich deutlich über ihre Programmierung hinaus. Sonny wird lernen müssen, dass er, nachdem sein Zweck erfüllt ist, wie ein Mensch die Freiheit hat, eigene Entscheidungen zu treffen. Diese Freiheit mag ein neues Lebensgefühl mit sich bringen, aber sie bedeutet auch Verantwortung für sich und andere zu übernehmen, was besonders am Ende des Films deutlich veranschaulicht wird.

Hier beende ich den ersten Teil meiner KI-Film Analyse. Im zweiten und letzten Teil fahre ich mit den Filmen Ex Machina, Animatrix und The Creator fort.

Weiterführende Links:

Internetnutzer: https://de.statista.com/themen/42/internet/#topicOverview

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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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