Michael Sagenhorn/ Februar 4, 2023/ Kino und Film, Zeitgeist/ 0Kommentare

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In diesem Artikel möchte ich ein Thema ansprechen, das vielleicht an vielen Menschen vorbeigeht, weil sie sich mit Hintergrundinfos zur Filmindustrie nur am Rande beschäftigen. Filme sind ja häufig die Fußspuren unserer Zeit. Daher werden auch Debatten über Filme nicht anders geführt, als Debatten über andere gesellschaftliche Themen.

Das Internet macht es möglich! Jeder der sich heute dazu berufen fühlt, seine Meinung über Filme und Serien herausplauzen, kann dies über Portale und diverse Webseiten tun. Einer dieser stolzen Berufenen bin ich. In einem Land der Meinungsfreiheit ist es mein gutes Recht, meine Meinung zu filmischen Werken darzulegen, und diese Meinung durch nähere Ausführungen tiefer zu erörtern. Der geneigte Leser hat dann ebenfalls das Recht diese Meinung zu reflektieren, oder ihr keine Beachtung zu schenken. Soweit so gut!


Jedoch verschieben sich in der heutigen Streitkultur einfache Gegensätze oft zu verhärteten Fronten. Man diskutiert nicht mehr, um unterschiedliche Standpunkte gegeneinander abzuwägen, um darauf im besten Fall einen Konsens zu erreichen, mittels diesen jeder Teilnehmer seinen Horizont erweitern kann. Nein, heute möchte man oft auf jeden Fall im Recht sein, egal welche Argumente das Gegenüber anführt. Bei filmischen Werken kann u.U. der Teufel los sein, wenn Befürworter und Gegner aufeinandertreffen. Nicht jeder Film kann allen gefallen. Doch statt Anderen zuzuhören, wird auch hier gerne mit Kampfbegriffen um sich geworfen. Einer der sich leider immer größerer Beliebtheit erfreut ist ‚Hate‘, also ‚Hass‘.

‚Hate‘ ist zu einem Modewort unserer Zeit geworden (was sagt das wohl über unsere Zeit aus?). Debatten über Filme bilden da keine Ausnahme. Wenn meine Meinung abweicht, von der politisch korrekten Meinung des Establishments bin ich natürlich vom Hass zerfressen. Denn ganz klar ist Hass auf dunkelhäutige Menschen das einzig denkbare Motiv, wenn ich die Nerven habe zu fragen, warum in Stollen lebende Zwerge in Die Ringe der Macht dunkle Haut haben. Hass auf Frauen ist auch der alleinige Grund, warum ich Amazon-Galadriel ablehne. Das versteht sich ja von selbst.

Der Diskurs über Werke wie Die Ringe der Macht

Im Fall von Die Ringe der Macht habe ich Glück. Denn die Mainstream-Meinung von uns gewöhnlichen Zuschauern ist relativ deckungsgleich: Die erste Staffel ist nicht gut. Diese Ablehnung finden wiederum einige professionelle YouTube-Filmkritikportale und andere Onlinemedien, die sich der Weltverbesserung verschrieben haben, nicht gut. Dementsprechend packen sie ihre Keulen aus, um den Kritikern mal zu zeigen, was hier Sache ist. Hater, Sexist, Rassist dürfen natürlich unter diesen Keulen nicht fehlen.


Nun lässt sich nicht bestreiten, dass es leider beleidigende und radikale Meinungen gibt, die tatsächlich Resultate von tiefer Abneigung oder grenzenloser Dummheit sein müssen. Auch ich finde es traurig, wenn z.B. Schauspieler aufgrund ihrer Rollen angegriffen werden, wie es Kelly Marie Tran erlebt hat. Die Schauspielerin verkörperte in Star Wars Episode 8 die Mechanikerin Rose Tico. Sie wurde auf Instagram persönlich angegriffen und hat daraufhin ihren Account gelöscht. Da frage ich mich auch, was in solchen Angreifern vorgeht. Aber im Allgemeinen sind die wenigsten Meinungen wirklich von Hass oder Dummheit geprägt. Wäre es anders, wie traurig wäre es dann um unsere Welt bestellt.


Woken Werken wird gerne nachgesagt, dass sie Hater geradezu anlocken. Aber wo sind denn all die Hater, Frauenhasser und Rassisten bei dem sehr gut bewerteten Game of Throne-Ableger The House of the Dragon? Oder bei Serien wie The Boys oder The Sandman. Alles Serien, die der Woke-Bewegung gefallen dürfte, und trotzdem auch darüber hinaus gefeiert werden – weil sie eben gut sind, bzw. von der Mehrheit als gut empfunden werden.

Haben hier die Hater ein Päuschen eingelegt? So viel Hass und Hetze laugt ja auch aus. Bei She-Hulk waren sie wieder da, die Hater. Meine jetzt ernst gemeinte Theorie: Richtige Hater waren auch bei den zuvor genannten Serien aktiv, aber so unterrepräsentiert, dass sie im allgemeinen Beifall des Publikums untergingen.

Trotzdem suchen sich manche Medien diese vergleichsweise wenigen radikalen Kommentare heraus, um Stimmung gegen jene zu machen, die das von ihnen gefeierte Werk ablehnen. Da rät ein YouTube-Moderator mit Scheinheiligkeit… nein… mit Heiligenschein seinen Zusehern, sich selbst kritisch zu hinterfragen, ob nicht doch Rassismus in ihnen steckt, wenn sie etwas gegen dunkelhäutige Zwerge hätten. Denn „das Argument Melanin existiert nicht in Fantasyfilmen“, so der Moderator.


Manno! Eigentlich wollte ich doch nur eine logische Erklärung, warum in Bergstollen dunkelhäutige Zwerge rumlaufen. Aber jetzt bin ich entlarvt, ich rassistisch geprägter Mensch! Eloquent erklärt unser Moderator sinngemäß, ich sei deshalb rassistisch, weil ich anerzogene Elemente hätte, die rassistisch sind. Gerne hätte ich mich durch Studien und anschauliche Beispiele auf einen anderen gerechteren Weg führen lassen, aber die bleibt mir unser Moderator schuldig. Wahrscheinlich reicht es ihm, von der dritten Welle des Antirassismus getragen zu werden.

“Ein Halb-Literkrug fasst keinen Liter, und wenn er einen halben Liter fasst, hat er seine Aufgabe erfüllt”.

Dieses Zitat von Roboter V.I.N.CENT aus dem Film Das schwarze Loch ist so bezeichnend für manche – auch teilweise professionelle Kritiker und Moderatoren wie oben.

Wenn ein halber Liter Sinnbild für den Anspruch dieser Leute ist, den sie an Filme haben, ist das völlig in Ordnung. Es ist völlig OK ohne höhere Erwartungen, vielleicht sogar mit kindlicher Treuherzigkeit an einen Film heranzugehen. Bestimmt kann man mehr Spaß an Serien wie Die Ringe der Macht haben, wenn man seine Ansprüche tatsächlich bei einer Messlatte von einem halben Liter ansetzt.

Ekelhaft wird es nur dann, wenn Leute wie unser Moderator Menschen latent als Rassisten oder Frauenhasser abstempeln, nur weil diese einen Anspruch an eine Story haben, der einem ganzen Liter entspricht. Dieser höhere Anspruch kann im Fall von Die Ringe der Macht entstehen, entweder weil Zuseher seit Jahrzehnten mit der Lore von Tolkien vertraut sind, und sich daher mehr von der Serie erhoffen, oder weil sie generell Werke mit plausibler, tiefer Handlung seichteren Werken vorziehen – auch im Fantasy-Genre.

Nazanin Boniadi (Bronwyn), Ismael Cruz Córdova (Arondir). Die Ringe der Macht © Amazon Studios

Das Drama um 1-Stern Bewertungen

Anderen YouTubern wiederum sind 1-Sterne Bewertungen bei Amazon für Die Ringe der Macht unbegreiflich. Ein ganzes Video verwendet ein Kritiker damit, seiner Entrüstung über 1-Stern Bewertungen freien Lauf zu lassen. Das sind Probleme!


Sinngemäß, kann jeder der nicht mehr als einen Stern vergibt, nur ein Troll sein, Review Bombing betreiben, oder er hat nicht die Kompetenz seine Meinung zu äußern. In einem freien Land spricht ein YouTuber anderen Menschen ab, Wertungen zu vergeben, wenn sie nicht seiner Einschätzung entsprechen. Recht hat er!

Die Serie war so wahnsinnig teuer, und sieht so wahnsinnig gut aus. Nur einen Stern zu vergeben ist doch nicht fair!

Mal im Ernst. Sterne zu vergeben ist eine rein subjektive Angelegenheit und hat nichts mit Fairness zu tun. Es kommt doch darauf an, mit welchen Erwartungen ich in die Serie hinein gegangen bin. Dementsprechend fälle ich mein Urteil. Das ist ein Akt der Meinungsfreiheit. Die wurde von Amazon in diesem Fall ohnehin schon untergraben, weil der Milliarden-Konzern einen großen Teil der 1-Sterne Bewertungen gelöscht hat, und Wertungen von 1 bis 3 Sternen eine ganze Weile gar nicht zugelassen hat. Und nicht alle gelöschten Bewertungen waren böse Hate-Kommentare, sondern teilweise aufwendig erstellte Kritiken. Diese zu löschen, ist das fair?

Ich selbst habe Die Ringe der Macht in meiner Rezension als ‚unteren Durchschnitt‘ bewertet. In Sterne gemessen, hätte es da auch nicht für mehr, als 2 Sterne gereicht. Da kann ich jeden verstehen, der nur einen Stern vergibt, abhängig von der Größe seiner Enttäuschung und der Größe des Ärgers, weil man ihn als Zuschauer offensichtlich nicht für voll nimmt.

Des Weiteren akzeptiere dieser Kritiker es zwar, dass es Menschen gäbe, die die Serie furchtbar finden, aber er kann überhaupt nicht nachvollziehen, dass sie als furchtbar empfunden werden kann. Er kann also nicht nachvollziehen, dass andere Menschen die Serie furchtbar finden. Da ist er wieder, V.I.N.CENTs Halb-Liter-Krug.

Das Internet ist voll von plausiblen und richtig guten Informationen darüber, was die Menschen an der Serie stört. Statt sich darüber mal zu informieren, um diese Menschen besser zu verstehen, was ja sein Job wäre, wenn er schon mit seinem Filmkanal Geld verdient, stellt er lieber das ganze Amazon Bewertungssystem in Frage, weil es möglich ist, eine so teure Serie mit nur einem Stern zu bewerten. Wenn Menschen wie dieser Kritiker politische Macht bekämen, würde ich schwarzsehen für unsere Meinungsfreiheit.

Das Drama um die Komödie She-Hulk

Wie vorhin kurz erwähnt, hat sich der Hass aller Trolle der Welt bei dieser Serie entladen. So möchten es uns zumindest die Macher der Serie einreden. Auf diesen Zug springt auch unser weltoffener Moderator auf, der mir und Menschen wie mir bereits erklärt hat, warum wir Rassisten seien.

Natürlich kann es Männer auf die Palme bringen, wenn die Protagonistin Jennifer Walters gerade in Folge 1 so offensichtlich allen Männern von Natur aus überlegen ist. Ob man jetzt Männern denen das nicht gefällt, deswegen gleich der Misogynie beschuldigen muss sei mal dahingestellt. Die Serie ist flach wie ein Crêpe, und all die Aufregung nicht wert. Mit einer gesunden Portion Selbstironie kann man als Mann mit heiterer Gelassenheit über dem Gebaren einer Jennifer Walters stehen.

Unser Moderator sieht Jennifers Charakter ebenfalls gelassen. Weniger ausgeglichen reagiert er auf Zuseher die frech werden, weil sie wagen über den Grund zu grübeln, den die Serie uns auftischt, warum She-Hulk, ganz anders als Hulk, sich von Anfang an völlig unter Kontrolle hat. Die Kritik an diesem Grund ist zu viel für unseren Moderator. Wie ein Weißer Ritter stell er sich vor Jennifer und wiederholt sinngemäß Jennifers Aufklärung zu diesem Thema an Bruce:

Sie könne sich deshalb so gut kontrollieren, sagt der Moderator, weil eine Frau sich konstant zurückhalten muss, weil eine Frau im Alltag konstant mit ekelhaften, wuterregenden Dingen konfrontiert wird, die meist von Männern ausgehen.

Und dann tut unser Moderator etwas, das meiner Ansicht nach eher ungeschickt ist: Er kann seine eigenen Gefühle nicht kontrollieren, und hebt diese seichte Komödie, die den Versuch einer Gesellschaftskritik wagt, auf die reale Weltbühne, indem er uns seine persönliche politische Agenda verrät. Denn Jennifer hätte ja recht, und Zitat: „wir weiße CIS hetero Männer sind ja Teil des Problems, warum Frauen kein leichtes Leben haben“, und er höre schon duzende weiße CIS hetero Männer auf Twitter wegen Jennifer rumheulen.
Sofort weiß ich, welch Geistes Kind ich vor mir habe, und worum es ihm eigentlich geht: Spaltung!

SHE-HULK: Die Anwältin © Marvel Studios 2022. All Rights Reserved

Lieber Moderator! Twitter kenne ich nur vom Hören-Sagen, aber ich weiß: Ein Grund warum es auf dieser Plattform oft hoch her geht ist, dass man jeden Stuss anonym verbreiten kann. Woher weißt du also, wer genau auf Twitter ‚rumheult‘? Nur „weiße CIS hetero Männer?“ Könnten vielleicht zum Beispiel auch homosexuelle schwarze Männer manche Aussagen von Jennifer befremdlich finden? – Oder Frauen??

Weiter sagst du, für eine Frau sei es normal, sich ständig kontrollieren zu müssen, und nicht ihren Emotionen freien Lauf lassen zu können, wie ein Mann das tagtäglich tut.

In deinem Video über She-Hulk Folge 1, möchtest du uns deine Vorstellung unserer gesellschaftlichen Hürden näherbringen. Und dann meinst du noch: „Wenn euch Männer meine Ansicht nervt seid vielleicht ihr Teil des Problems.“

Genervt bin ich nicht. Gedanken mache ich mir schon. Zunächst darüber, dass du einer jener weißen CIS-Männer sein musst, die anscheinend wirklich zu den Privilegierten gehören. Frauen müssen sich ständig kontrollieren, während Männer ihren Emotionen tagtäglich freien Lauf lassen können? Echt jetzt? Ist das deine Erfahrung?

Wenn sie ernst gemeint ist, kann so eine Aussage eigentlich nur von einem jungen Mann kommen, dem die Sonne ständig aus dem Arsch scheint, und dem bisher die gebratenen Tauben ins Maul geflogen sind. Ich weiß nicht in welcher Märchenwelt du lebst. In meiner Welt muss man sich auch als Mann teilweise gehörig zusammenreißen – tagtäglich.

Weil, wenn du es nicht tust, kann es sein, dass du zum Beispiel deinen Job verlierst. Du weißt was ein Job ist? Das ist die Tätigkeit, die du brauchst um deine Familie mitzuernähren.

Würde ich dich mit jemandem verwechseln, den die Ansichten anderer Menschen interessiert, könnte ich dir von Situationen erzählen, in denen ich mich dermaßen zusammenreißen musste, das mir übel wurde. Wusstest du, dass es einem wirklich schlecht werden kann vor Wut? Ich nicht, bevor ich es selbst erlebt habe. All das was man nicht rauslassen darf, weil man z.B. dem Vorgesetzen (m/w) nicht straflos widerspricht, kann sich auf den Körper auswirken. Solche Situationen habe nicht nur ich erlebt, sondern auch Männer in meinem Umfeld. Bei manchen blieb es nicht bei Übelkeit. Die haben einen Herzinfarkt erlitten. Wir sind nämlich nicht so privilegiert, wie eine gewisse Schicht, deren Mitläufer du bist, es uns weismachen möchte.

Wenn solche Situationen an dir bisher vorbei gegangen sind, bist du ein wirklich glücklicher Mensch, und du solltest dieses wahre Privileg zu schätzen wissen, anstatt bei Vertretern des eigenen Geschlechts wie selbstverständlich von Umständen auszugehen, die du selbst anscheinend weder beurteilen, noch nachvollziehen kannst.

Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass nicht die von dir Beschuldigten, sondern du selbst Teil des Problems bist, wegen deiner selbstgerechten Ansichten, die du von irgendwo übernommen hast, ohne sie zu hinterfragen? So gar nicht…?

So, jetzt verlassen wir aber die direkte Ansprache wieder. Meine Gefühle fühlten sich unterdrückt. Die mussten kurz raus 😊

Aber dass Moralisten wie dieser Moderator eine Komödie nutzen, um die abstoßende Ansicht ‚wenn du nicht für uns bist, bist du ein schlechter Mensch‘, unter das Volk zu bringen, beweist wieder einmal, dass filmische Werke nicht nur die nebensächliche Unterhaltung sind, die gerade jene Leute uns weiszumachen versuchen, sondern ein prägender und wichtiger Teil unserer Kultur, der natürlich auch dafür genutzt wird, die eigene Propaganda zu verbreiten.

Der Hass der Fans

Wobei wir beim nächsten Punkt wären. Jessica Gao die Autorin von She-Hulk verrät stolz in einem Exklusiv-Interview mit ScreenRant.com, sie habe die Serie so konzipiert, dass toxische Männer die wahren Bösewichte sind. Sie hat die Serie also ganz bewusst so geschrieben, dass sie den Unmut der Fans provoziert. Vielleicht um so viele männliche Fans wie möglich als toxisch hinzustellen, um ihrer Story um den Hater Hulkking einen realen Schliff zu verpassen? Waren Frau Gao die vergleichsweise wenigen Hater wichtiger, als die jahrelangen korrekten MCU-Fans? Auch der She-Hulk Star Tatiana Maslany lässt verkünden, dass die Serie für Kritiker als „A F-k You“ existiert.

Ich frage mich, wie viele toxische Fans es wohl gegeben hätte, wenn Marvel eine Serie vom Kaliber Dare Devil entworfen hätte. Die Serie wäre womöglich so gut angekommen, dass Frau Gao ihre Message, die Fans wären toxische Frauenhasser nicht mehr aufrecht halten hätte können.

In der heutigen Zeit melden sich vermehrt Filmemacher, Produzenten und Schauspieler zu Wort, die nicht nur gerechtfertigte Kritik an unangebrachten Kommentaren üben, sondern Hate als Totschlagargument nutzen, um jedwede Kritik zum Verstummen zu bringen. Es ist in Hollywood gesellschaftsfähig geworden, den Grund für das Versagen bei einer Produktion nicht bei sich zu suchen, sondern seinen Unmut an den Fans auszulassen, wenn sie es wagen, das für genial gehaltene Werk abzulehnen. So entziehen sich die Verantwortlichen jeder Selbstreflektion.

“Danke, dass du meine Kindheit ruiniert hast.”

  • Filmemacher Kevin Smith schimpfte wütend auf He-Man Fans, sie sollen erwachsen werden und mit seiner Geschichte klarkommen, weil seine Serie Masters of the Universe – Revelation auf breiter Front abgelehnt wurde. Die Geschichte war eben nicht, was Smith großspurig versprochen hatte: Ein Liebesbrief an die 1980er-Version der Show, in der auch die alten He-Man Fans abgeholt werden. Kevin Smith pries seine Serie damit an, dass sie für die alten Fans gemacht sei, zerstört aber das bekannte Masters of the Universe-Franchise, indem er es völlig neu interpretierte, und beschimpft anschließend Fans, denen das nicht gefällt als toxisch.

  • Santa Inc. gehört mit 4% Audience Score zu den am schlechtesten bewerteten Serien der Filmdatenbank Rotten Tomatoes. Statt zu reflektieren, was hier falsch gelaufen sein könnte, entschieden sich die Macher Sarah Silverman und Seth Rogan (beides Juden) lieber für das Narrativ das Hasses, und bezeichneten ihre Kritiker einfach als Antisemiten. Rogen bezeichnete seine Kritiker als „white supremacists“, Silverman entschied sich für „Judenhass“.

  • Ghostbusters 2016, jener Film, in dem die Rollen der Ghostbusters weiblich besetzt wurden, wurde von einem großen Teil der Fangemeinde verschmäht. Dafür gab es einige Gründe, aber Regisseur Paul Feig plärrte den für ihn einzig erwähnenswerten Grund wie ein Marktschreier heraus: frauenfeindliche Nörgler! In einem Interview mit Variety sagte er sinngemäß, die Gegenreaktion auf den Film sei der abscheulichste und frauenfeindlichste Mist, den er je in seinem Leben gesehen hätte. Dann meinte er weiter, das Übelste was er da in den letzten Monaten lesen musste sei, ein ‚Dank‘ dafür, dass er jemandes Kindheit ruiniert habe. „Thanks for ruining my childhood“ („Danke, dass du meine Kindheit ruiniert hast“). Das war also der Gipfel der abscheulichsten und frauenfeindlichsten Kommentare, die Feig je in seinem Leben lesen musste??? Ich zitiere an dieser Stelle gerne Kevin Smiths Ansage an He-Man Fans: „Komm damit klar!“ Kommt Feig mit Kritik klar? Er antwortete diesem Fan: „Die einzige Möglichkeit deine Kindheit zu ruinieren, ist in eine Zeitmaschine zu steigen, und dich zur Waisen zu machen“. Welches der beiden Kommentare von größerem Hass geprägt ist, lasse ich jeden selbst entscheiden.
Ghostbusters 2016 © Sony Pictures Entertainment GmbH

Statt Kritik anzunehmen, und daran zu wachsen, klopfen oft die für den Misserfolg Verantwortlichen auf die Fans ein. Immer im Schlepptau befinden sich diverse Medien und Magazine, die mit den Filmemachern kooperieren, indem sie deren Tiraden dankbar weiterverbreiten.

Zurück bleiben desillusionierte Fans, deren Basis seinerzeit aufgrund von Filmen entstanden ist, bei denen die damaligen Macher ihr Herz für die Traumfabrik und für die Fans bewiesen haben, indem sie mittels jener Werke den Alltag vieler Menschen in Farbe getaucht haben. Viel zu oft werden diese Werke vom neuen Hollywood mit Füßen getreten.

Was können wir tun?

Es ist manchmal nicht schwer, einen richtigen Fan zu verärgern, denn im Gegensatz zu manchen Machern, Moderatoren und den kindischen Internet-Trollen hängen Fans mit ganzen Herzen an ihrem Franchise, weil sie eben oft mehr darin sehen, als eine nette Nebenbeschäftigung. Fans machen das jeweilige Franchise zu dem, was es ist.

Sie wollen den Alltag einmal hinter sich lassen und in fremde Welten tauchen. Dafür sind Geschichten da. Deshalb sind sie so wichtig, deshalb geben sie so viel Kraft, wenn sie unsere Herzen berühren.
Wer hat schon einmal überlegt, richtig Dampf abzulassen, weil Produzenten Franchise, das einem viel bedeutet mit Füßen treten, egal ob Terminator, Star Wars, Superhelden oder andere? Es liegt nahe, seinen Unmut hinauszuschreien, weil den Machern teilweise ihre eigenen Ikonen scheinbar weniger bedeuten als den Fans. Das Internet macht es so einfach! Schnell landet dann ein Kommentar im Internet, wie es in der Serie She-Hulk mit dem fiktiven Social-Network Intelligencia verdeutlicht wird:

HULKKING (Anm. Ein Hater): SHE-HULK IS STUPID!!!!
REPLY (Anm. Jennifer Walters): YOU’RE STUPID

Meiner Ansicht nach haben die wenigsten Kommentare dieser Art etwas mit Hass oder Böswilligkeit zu tun. Oft stecken ganz normale menschliche Reaktionen dahinter, die dem Frustabbau dienen.

Ja, es gibt sie leider, die richtigen Internet-Trolle, aber ob die so zahlreich sind, dass man ihnen eine eigene MCU-Staffel widmen muss, wie She-Hulk es getan hat, wage ich zu bezweifeln. Und zudem frage ich mich hier, ob man die richtigen Internet-Trolle nicht damit adelt, weil man ihnen eine Beachtung zu Teil werden läßt, die sie gar nicht verdienen.

Daher wäre mein Tipp, unangemessene Kommentare, die aus einer gewissen ersten Reaktion heraus getätigt werden könnten, erst mal zurückzustellen. Sogenannte Hasskommentare liefern keine Argumente. Jede Beschimpfung kann bei dem Beschimpften als Grund gewertet werden, sich sachlicher Kritik zu entziehen. Beschimpfungen und Drohungen laden nun mal nicht zur Selbstreflektion ein.

Je mehr angemessen formulierte Beschwerden es an einem Film oder an einer Serie gibt, desto mehr müssen sich die Macher mit diesen Beschwerden ernsthaft auseinandersetzen. Dazu reicht auch meist nur ein Satz, denn ein Werk ‚schrecklich‘ zu finden, ist keine Beschimpfung, – ist kein Hate, sondern eine Meinung die gesagt werden darf.

Oft hilft auch, nicht ärgern und das zu tun, was meiner nach Meinung bei She-Hulk gut gemeint aber von Gao nicht gekonnt umgesetzt worden ist: Es mit Humor nehmen.

Weiterführende Links:

NerdFactory She-Hulk hassen = Frauen hassen?

NerdFactory She-Hulk Folge 1 Recap

SerienFlash 1 Sterne Bewertungen zu Die Ringe der Macht

Jessica Gao Interview und Reaktion
https://screenrant.com/she-hulk-toxic-fan-reactions-writers-response/

Ghostbusters 2016

https://www.stern.de/kultur/film/ghostbusters-wird-im-internet-zum-meistgehassten-film-des-jahres-6989624.html

https://www.fr.de/kultur/weibliche-ghostbusters-treiben-frauenfeinde-weissglut-11097873.html

https://variety.com/2015/film/news/sxsw-spy-director-paul-feig-on-response-to-female-ghostbusters-1201451451/

He-Man Revelation und Santa Inc.

https://variety.com/2021/tv/news/he-man-masters-of-the-universe-revelation-kevin-smith-netflix-1235026831/

https://www.israelheute.com/erfahren/santa-inc-koennte-leuten-einen-grund-geben-rudolph-an-die-macht-zu-waehlen/


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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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