Michael Sagenhorn/ April 4, 2023/ Kino und Film, Zeitgeist/ 0Kommentare

Es war einmal vor langer, langer Zeit… Genauer gesagt es war 1937, als in einem Reich, weit, weit weg, der Siegeszug der legendären Zeichentrickfilme der Walt Disney Animation Studios begann, die unter dem Namen Walt Disney Meisterwerke die Welt verzaubern sollten.

Aus unserer Popkultur sind diese Werke genauso wenig wegzudenken, wie z.B. die Superhelden, aus dem Hause DC oder Marvel. Die Geschichte von Bambi beispielsweise, war mit Pumuckl eine der ersten Geschichten überhaupt, die ich kennengelernt habe, damals in Form eines Hörspiels auf Schallplatte. Für mich, als Kind, das nicht älter als 3 Jahre gewesen sein konnte, war die Geschichte aufgrund des Todes von Bambis Mutter ungleich aufwühlender, als die heimatlichen Abenteuer des kleinen Kobolds. Zu dieser Zeit war ‚Bambi‘ auch ein für alle gebräuchliches Synonym für ‚Rehkitz‘ gewesen.

1937 also, stellte Disney seinen ersten abendfüllenden Trickfilm vor: Schneewittchen und die sieben Zwerge. Seither erscheinen in regelmäßigen Abständen neue Animationsfilme. Seit 2005 sind in dieser Reihe auch computeranimierte Filme zu finden. Der erste war Himmel und Huhn, der 46. zu den Meisterwerken zählende Film.

Über Generationen hinweg haben es Disney-Animationsfilme geschafft, unsere Herzen zu berühren. Kein Wunder, dass Disney daher Live-Action Remakes zu ihren Trickfilmen herausbringen wollte, sobald die Technik reif dafür war. Hier möchte ich, anhand einer Auswahl, ein paar sich wiederholende Merkmale dieser Remakes beleuchten und aufzeigen, warum ich der Meinung bin, dass viele dieser Neuverfilmungen eher suboptimal umgesetzt wurden. Natürlich kann es hier zu Spoilern kommen.

Der verlorene Zauber

Die meisten Disney Meisterwerke versprühen einen ganz besonderen, zeitlosen Zauber, egal ob die auf dem Film basierende Geschichte ein Märchen (Schneewittchen) oder Mythos (Hercules) ist, oder auf moderneren Erzählungen (Der Glöckner von Notre Dame) beruht.
Keins der bisher gedrehten Remakes reicht meiner Meinung nach an den Zauber der großartigen Trickfilmklassiker heran. Wäre es so einfach diese Originale zu kopieren, wären sie auch keine Meisterwerke, die ich großteils tatsächlich als solche betrachte. Jedes Live-Action Remake kann sich also nur dem jeweiligen Vorbild annähern.

Trickfilme sind eine eigene Kunstform. Allein der Versuch, sie 1:1 in Realfilm umzusetzen muss einfach scheitern (z.B. König der Löwen). Auch Filme, die sich an eine eigene Umsetzung, jenseits des Einfachkopierten, herangewagt haben, wirken teilweise zu platt und zu konstruiert. So hat es z.B. Tim Burtons Alice im Wunderland nicht geschafft, uns im gleichen Maße ins Wunderland mitzunehmen, wie das Original, trotz wirklich schöner Effekte. Die Magie des Films bleibt oberflächlich und hohl.

Die Schöne und das Biest habe ich bisher zweimal gesehen. Da das Meisterwerk zu meinen Favoriten gehört wollte ich den Realfilm unbedingt im Kino sehen, noch dazu wo Belle von Emma Watson gespielt wird, die mir schon immer gut gefallen hat.

Die Schöne und das Biest – Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Bei diesem Film ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass hier etwas nicht stimmt, das sich durch alle Remakes hindurchzieht. Als ich das Kino verlassen hatte, war ich nicht so beschwingt, wie ich es sein hätte müssen, wenn mich ein Film gut unterhalten hat. Ich habe mich gefragt, woran das liegt. Einige Zeit darauf habe ich den Film nochmal gesehen, auf Disney Plus. Jetzt habe ich den Film bewusster angesehen, – und gleich anschließend die wunderbare Trickfilmversion, die mich sofort wieder berührt hat. Im direkten Vergleich konnte ich die Live-Action Verfilmung nicht mehr ‚schön-nostalgieren‘. So gerne ich Emma Watson auch sehe, sie ist eine Fehlbesetzung als Belle. Ihr fehlt Belles unverbrauchte Lebenskraft und Frische. Ich sah keine Belle, sondern Emma Watson, die eine Filmrolle spielt. Zudem ist die Performance zwischen Belle und dem Biest fern der Leichtigkeit des Originals, in dem sich diese tieferwerdende Bekanntschaft, Freundschaft, Liebe wie selbstverständlich entwickelt.
Aber am schlimmsten waren die verzauberten Hausdiener um den Kerzenständer Lumière. Hier wird vor allem deutlich, wo es bei den Remakes hakt. Die Gegenstand-Hausdiener waren gut animiert. Aber ihnen fehlte der warme Charakter der Originale. Alle Gegenstände erschienen seelenlos. Da tue ich mir schwer, Mitgefühl mit einem Kerzenständer, einer Standuhr oder einer Teetasse zu haben, wenn sich am Ende dieses lebende Inventar in totes Inventar verwandelt.

Diese Gegenstände, aber auch Tiere werden uns in den Remakes nicht so herzerwärmend wie in den Trickfilmen nahegebracht. Der König der Löwen scheitert daran besonders. Natürlich ist es sensationell, was man heutzutage auf die Kinoleinwand zaubern kann, aber möchte ich dort wirklich realistisch animierte Tiere sehen, ohne dass ihre Mimik ihre Gefühle transportiert? Wir konsumieren hier ja nicht einen reinen Disney Tierfilm, sondern eine Art Fabel, in der anthropomorphe Tiere menschenähnliche Schicksale erleiden.

Die tiefe und dramatische Freundschaft zwischen einem Fuchs und einem Jagdhund, die uns Cap und Capper erzählt, funktioniert nur weil wir die Gesichter der Trickfilmtiere ‚lesen‘ können. Bei echten Tieren fällt es uns teilweise so schwer, deren Gefühle zu deuten, dass viele Menschen auch heute noch annehmen, Tiere hätten keine Gefühle (oder keine Seele). Genau daran krankt Der König der Löwen oder zu einem gewissen Teil auch Das Dschungelbuch – und bei allem was ich bisher von Sebastian der Krabbe und dem Fisch Fabius gesehen habe, vermutlich auch aktuell Arielle, die Meerjungfrau. Sehr gut gemacht, aber wo bleibt das Herz?

Seit dieser Erkenntnis betrachte ich die Live-Action Versionen von Disney mit mehr Skepsis. Die kindliche Vorfreude ist mir bei diesen Filmen verloren gegangen.

Der König der Löwen – Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Leider werden Live-Action Versionen immer liebloser und billiger produziert. In Pinocchio zieht sich die Talfahrt fort. Der Film ist nicht mal mehr in die Kinos gekommen, sondern ist gleich auf die hauseigene Streaming-Plattform gewandert. Aus gutem Grund! Wahrscheinlich weiß der Disney-Konzern selbst, dass sich wohl kaum jemand für den Streifen erwärmen kann, trotz eines Topschauspielers wie Tom Hanks.

Immer wieder hört man von Disney, die Live-Action-Filme werden moderner und sind angepasst an die neue Zeit. Sind dies also ihre modernen Werke? Pinocchio ist ein Trauerspiel. Die Marionette hat nichts mehr vom charmanten Original von 1940. Die auftretenden Tierfiguren sind schwach animiert, und wirken noch nicht einmal mehr lebensecht, wie noch in Der König der Löwen. Man hat für die Handlung völlig unnötige Charaktere hinzugedichtet, um … ja, warum eigentlich? Um Diversitiy-Berater anstatt Kinder zu beglücken? Die zeitlose Botschaft der Originalgeschichte von Carlo Collodi wurde vollkommen verzerrt, weil die Macher beschlossen haben, Pinocchio als einen von Anfang an kreuzbraven Holzbuben darzustellen, der quasi unverschuldet in böse Situationen schlittert. Er ist ein niedlicher kleiner Holz-Knuddel, – und das bleibt er auch. Am Ende darf er sich nicht in einen richtigen Jungen verwandeln, denn die Botschaft lautet: „Er ist ja gut so, wie er ist“.

Pinoccio – Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Man könnte jetzt einwenden, dass Pinocchio auch in der jüngsten Neufassung von Guillermo del Toro eine Holzpuppe bleibt. Während jedoch der Disney-Film nur oberflächlich Werte des aktuellen Zeitgeists aufgreift, vermittelt das Ende von Guillermo del Toros Pinocchio eine Botschaft, die uns über den Wert des Lebens nachdenken lässt, – und darüber, was es überhaupt bedeutet, am Leben zu sein. Wer eine erwachsene, nicht für die kleinsten Kinder geeignete Fassung der Geschichte erleben möchte, die auch die Beziehung zwischen Geppetto und Pinocchio meisterhaft beschreibt, sollte dem auf Netflix laufenden Werk von Guillermo del Toro den Vorzug geben.

PINOCCHIO, Disney Enterprises, Inc. © 2022 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Beim Disney-Werk hingegen, darf auch Selbstbeweihräucherung nicht fehlen: Meister Geppettos Uhren werben für andere Disney Meisterwerke. Dieser Pinocchio ist ein für Disney unwürdiges Werk.

Ich glaube, die Produzenten sind keine Dummköpfe. Sie wissen ganz genau, dass kein Zauber in ihren neuen Werken innewohnt. Warum schmeißen sie trotzdem unermüdlich ein Remake nach dem anderen auf dem Markt? Ich kann nur spekulieren.
Vielleicht will man mit den neuen Live-Action Filmen an die günstig produzierten Trickfilmfortsetzungen der Meisterwerke anknüpfen, die ausschließlich für den Heimkinomarkt erstellt worden sind? Content für die Plattform Disney Plus? Hierfür setzt man auf Bekanntes, anstatt Neues zu wagen, und gewöhnt die Konsumenten so weiter an bereits etablierte Geschichten.

Wie sagte der Schöpfer Walt Disney einmal? „Ich mag es nicht, Erfolge zu wiederholen, ich gehe gerne auf andere Dinge zu“.

Ich frage mich, was Walt Disney von den Remakes gehalten hätte. Gerade bei den neuesten Live-Action Filmen stelle ich mir die Frage, will der Konzern wirklich die Welt verbessern, indem er die Rollen diverser besetzt? Oder ist Diversität nur ein Teil der Marketingstrategie, damit überhaupt noch über die ansonsten banalen Live-Action Remakes gesprochen wird?

Wenn man schon keine neue Geschichte mehr zu erzählen weiß, vielleicht kann man Aufmerksamkeit erregen, indem man den Protagonisten einen neuen Anstrich gibt? Denn fehlende Diversität ist schon seit Jahrzehnten nicht mehr Disneys Problem. Zahlreiche Kulturen fanden in Meistwerken ein, zugegeben manchmal klischeehaftes, aber trotzdem bemerkenswertes Zuhause: Aladdin, Pocahontas, Mulan, Lilo und Stitch, Küss den Frosch, Baymax, Vaiana, Raya und der letzte Drache, Encanto.

All diese Filme zeugen von einer Vielfalt der Welt, die man in Filmen anderer Kulturen oft vergeblich sucht.
Dienen Repräsentation und Diversität also nur dazu, einen alten Gaul in ein gewinnbringendes Ross zu verwandeln? Letzten Endes ist der Konzern auf Gewinnmaximierung getrimmt. Wer will es ihm verübeln? Zumindest scheinen sich die Remakes finanziell zu lohnen, auch wenn sich Disney mehr Erfolg erhofft hat.

Female Empowerment – Die starke Disney-Frau

Wenn es Sparten gibt, die nicht unter zu vielen eindimensionalen Frauenfiguren leiden, dann sind das Horrorfilme ab den 70ern, oder Disney Meisterwerke.

Hands aufs Herz! Sehen wir uns Disney-Trickfilme wegen der männlichen Figuren an? Figuren, die meist so platt und oberflächlich gezeichnet sind, dass wir sie kaum auseinanderhalten können? Zwar gibt es Ausnahmen, wie Peter Pan (das Original), Randale Ralph (Ralph reichts), Robin Hood und seinen Fuchs-Kollegen Nick Wild (Zoomania), aber allzu oft beglücken uns irgendwelche Tunichtgute, die kurz um die Ecke kommen und das Mädel abgraben. Ist vielleicht ein bisschen überspitzt, aber wir sehen Disney Meisterwerke nicht wegen der ‚Prinzen‘, sondern wegen der ‚Prinzessinnen‘.

Seit Arielle, die Meerjungfrau, sind taffe Frauenfiguren nicht mehr wegzudenken. Nicht nur Arielle selbst ist hier hervorzuheben, die neugierig und mutig die fremde Welt der Menschen entdecken möchte, sondern auch ihre kantige Gegenspielerin Ursula, die für Disney erstaunlich erwachsen agiert. So ging es weiter. Belle, Pocahontas, Mulan alles Frauenfiguren mit Format.

In Der Glöckner von Notre Dame hat mich nicht Quasimodo gefesselt – und schon gar nicht der schöne Hauptmann, sondern die unerwartet reife Dynamik zwischen der hübschen Diebin Esmeralda und dem lüsternen Claude Frollo, der sein inneres Feuer damit zu löschen versucht, Esmeralda zu verbrennen. Der Glöckner von Notre Dame gehört für mich zu einem der erwachsensten und mitreissensten Disney Meisterwerken.

Auch in Hercules sehen wir eine für Disney gänzlich neue Frauenfigur: Die spröde, sarkastische Megara, die von dem Mann, den sie liebte verraten worden ist, und sich überlegt, ob sie Männern überhaupt noch trauen soll. So einen Zwist hat der fesche Hercules nicht.

So könnte ich die Reihe weiter vorführen, bis in die Gegenwart. Bei all diesen tollen Frauen ist es für mich ein Rätsel warum Disney anfängt von ‚Emanzipation‘ und ‚Female Empowerment‘ zu schwurbeln, sobald es an deren Live-Action Verfilmungen geht.

Die Darstellerin von Arielle in der entsprechenden Live-Action Verfilmung, Halle Bailey sagte in einem Interview gegenüber Yahoo, sinngemäß, dass sie (Arielle) nur noch das macht, was sie will. Arielle hat keine Angst. Und es dreht sich nicht nur alles um Jungs. Es geht nur darum, was sie will, für sich und ihr Leben. Dies, so Bailey würde auch sie inspirieren.

Hört sich erst mal prima an. Aber tolle Eigenschaften wie Mut, offen sein für Neues, Durchsetzungsvermögen besaß Arielle ja schon im Trickfilm. Will man das jetzt nicht mehr wahrhaben, nur weil sie sich Hals über Kopf in einen Prinzen verliebt hat? Sind überschäumende Gefühle, die für ihr Alter typisch sein können, nun Arielles Schwäche, die zu zeigen, es unter allen Umständen zu vermeiden gilt? Näher betrachtet, kann man Baileys Aussage auch so deuten, dass sich Arielle von einem selbstbewussten, abenteuerlustigen Teenager in eine selbstsüchtige Egomanin verwandelt. Und Halle Bailey ist davon inspiriert? Hmm….

Arielle die Meerjungfrau – Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Ebenso verdeutlich Rachel Zegler, die Schauspielerin, die Snow White in der Live-Action Version spielt, dass Schneewittchen gar nicht mehr daran denke, die wahre Liebe zu finden. Zegler meint, sie (Schneewittchen) träfe viele unglaubliche Menschen. Vielleicht findet sie Liebe, vielleicht findet sie Freundschaft, aber wirklich wichtig ist, sie findet ihre eigene Stimme.

Es ist schon ewig her, dass ich Disneys Schneewittchen gesehen habe. Aber woran ich mich noch gut erinnern kann ist, dass sie schon 1937 den Ton angab, als sie auf die Zwerge traf – mit ihrer eigenen Stimme.

Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob das Disney-Schneewittchen sich dadurch ausgezeichnet hat, dass sie die wahre Liebe finden möchte. Im Originalmärchen steht davon nichts. Klar taucht auch da der Prinz am Ende auf, und alles ist supi-dupi, aber um die große Liebe ging es vorher nicht, sondern um das zerrüttete und toxische Verhältnis zur eigenen Mutter (die in der späteren Version von 1857 zur eitlen Stiefmutter degradiert wurde). Somit wandere der Live-Action Film, allerhöchstens back to the roots und erzählte uns nichts Neues…

Anscheinend versteht Disney seine eigene Arbeit an einem zeitlos positiven Frauenbild nicht mehr, denn jetzt ist man nur noch dann zufrieden, wenn man Abziehbilder von starken Frauenfiguren erschafft, indem man diesen Figuren keine Fehler zugesteht und sie überhöht darstellt.

Selbstverständlich ist es wichtig, jungen Frauen mit auf dem Weg zu geben, dass das Lebensglück nicht zwangsläufig daraus besteht, den Traumprinzen zu finden, der ohnehin ein Hirngespinst ist. Traumprinzen und Traumprinzessinnen gehören genau dahin, wo sie eigentlich zu finden sind: In Märchen. Daher ist es zu begrüßen, wenn wir unseren Glauben aus uns selbst beziehen, und diesen Glauben auch unseren Kindern vermitteln. Ob wir das aber mit so trivialen Szenen erreichen wie z.B. das Liedchen von Prinzessin Jasmin muss jeder für sich selbst beantworten.
Jasmin singt in Aladdin „Ich werd‘ niemals schweigen“. Darin besingt sie, wie stark sie sei, und dass sie sich niemals unterkriegen lässt. Da kann kommen, was wolle! „Ich werd‘ euch nicht erliegen…“

Wen meint sie mit „euch“? Jafar und seinen Papagei? Uns als Gesellschaft? Die Männer? Man weiß es nicht. Schlimm ist, dass dieses Liedchen Jasmin nicht stärker dastehen lässt, sondern eher trotziger. Eine abgehobene Prinzessin, die noch nie was Böses erlebt hat, trällert davon, dass sie stark genug sei, alle Qualen und Übel der Welt zu ertragen.

Aladdin – Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Zu Jasmins Ehrenrettung muss man sagen, dass auch die Männer bei Live-Action Aladdin nicht gut im Vergleich zum Trickfilm wegkommen. Aladdin hat überhaupt keine Ausstrahlung, aus Jafar, einem der finstersten Disney-Bösewichte wurde ein Idiot, selbst Will Smith reicht in der Rolle als Dschinni nicht an das Trickfilmoriginal heran. Trotzdem bewerte ich Aladdin noch als eines der besseren Live-Action Remakes, das man sich gern einmal ansehen kann.

Mulan – Ein höflicher Dank von Disney

Den absoluten Tiefpunkt erreichte der Disney-Konzern mit der Live-Action Verfilmung Mulan. Kann ich mich noch damit arrangieren, dass uns wieder einmal der Billig-Charakter einer Sofort-Alles-Besser-Könnerin, als starke unabhängige Frau verkauft wird, und so eine liebenswerte Figur wie der Drache Mushu aus kulturellen Gründen herausgestrichen wird, weil die Chinesen diesen Drachen nicht mochten, finde ich es hingegen bedenklich, dass Teile des Films nur wenige Kilometer neben sogenannten Umerziehungslagern in Xinjiang gedreht wurden.

In diesen Lagern werden Tausende Uiguren und Kasachen, religiöse Minderheiten in China, zwangsinterniert. Also Teile eines Films, der den heroischen Kampf Chinas gegen die einfallenden Horden der Rouran (im Trickfilm noch Hunnen) thematisiert, werden neben Lagern gedreht, in denen Minderheiten weniger heroisch weggesperrt, gefoltert und getötet werden.

Im Abspann darf natürlich ein besonderer Dank von Disney nicht fehlen, denn man bedankt sich schließlich bei Organisationen, die einen die Drehgenehmigung erteilt haben, bei Organisationen, wie zum Beispiel der Propagandaabteilung der kommunistischen Partei für die autonome Region Xinjiang, und andere Organisationen, die diese Lager betreiben. Hauptsache höflich bleiben! Hauptsache der chinesische Filmmarkt sieht wohlwollend auf Disney-Werke. Weltoffen kann man ja dann wieder im Westen sein, wenn es nichts kostet, denn für den Film war es wahrscheinlich wahnsinnig, immens, total wichtig authentische Landschaftsbilder einzufangen, statt vor Greenscreen zu drehen.

Besondere Live-Action Verfilmungen

All das darf uns aber nicht vergessen lassen, dass der Zauber der von Disney ausgegangen ist, auch heute noch existiert und sogar in neueren Live-Action Filmen manchmal wieder aufblitzt. Gerade habe ich noch erwähnt, dass Traumprinzen und Traumprinzessinnen ins Märchen gehören. Aber was ist, wenn eine dieser Märchenprinzessinnen uns besucht?
Genau das passiert in dem Film

Verwünscht.
Die Zeichentrick-Prinzessin Giselle (Amy Adams) wird durch den Fluch einer bösen Stiefmutter kurz vor der Hochzeit aus dem Märchenland befördert, und landet in New York. Hier muss Giselle feststellen, dass unsere reale Welt nicht so märchenhaft ist, wie sie es von zu Hause her kennt…

Der Film ist zwar kein typisches Live-Action Remake, passt aber trotzdem gut hierher, denn er ist der Last Action Hero des Disney Märchenfilms. Hier werden alle bekannten Klischees der Disney-Märchenwelt durch den Kakao gezogen oder hinterfragt. Natürlich gibt es, der wahren Liebe ersten Kuss, Liebe auf dem ersten Blick – oder besser gesagt, beim ersten Lied, dass Prinz und Prinzessin singen, die böse Stiefmutter, vergiftete Äpfel, sprechende Tiere und vieles mehr.

Der Film spielt mit bekannten Märchenelementen und formt daraus eine wirklich durchdachte und erfrischende Geschichte. So fragt sich Giselle, nachdem sie in New York den Anwalt Robert kennengelernt hat, ob ihr Märchenlandprinz Edward tatsächlich der Richtige sei, nur weil sich die beiden bei der ersten Begegnung vom Fleck weg ineinander verliebt haben.

Verwünscht gibt manchen Charakteren trotz seiner Leichtigkeit eine gewisse Tiefe und räumt mit anderen für unsere Welt typischen Klischees auf. Im Laufe des Films erfahren wir, dass Robert alleinerziehender Vater ist. Er und seine Tochter Morgan wurden von der Frau und Mutter sitzen gelassen. Robert zeigt, dass auch Männer manchmal die Verlassenen sind, und trotzdem gute Eltern sein können.

Eine andere Männerfigur darf sogar über sich hinauswachsen. Der Diener Nathaniel, der zuerst der bösen Stiefmutter verfallen ist, und daher von ihr ausgenutzt wird, erkennt im Laufe der Handlung seinen persönlichen Wert und distanziert sich von der Hexe, was ihm ein Happy End beschert.

Verwünscht hat mich dieser Film nicht, aber ein klein wenig verzaubert, weil er so viel mehr ist, als ich anfangs erwartet habe.

Ein zweiter Film, der mir wirklich gut gefallen hat ist

Maleficent – Die Dunkle Fee
In dieser Geschichte lernen wir die böse Fee Malefiz (Maleficent), aus Disneys Meisterwerk Dornröschen besser kennen. Im Trickfilm von 1959 war Malefiz noch ein sehr eindimensionaler Charakter von schlichter Boshaftigkeit. Hier erfahren wir wie Maleficent zur ‚bösen‘ Fee geworden ist.

Wir erleben ihre Hintergrundgeschichte und eine innere Zerrissenheit, in Szenen, die trotzdem auch zum Schmunzeln einladen, besonders wenn die von Angelina Jolie gespielte dunkle Fee auf die kleine, von ihr verfluchte Prinzessin Aurora trifft.
Der Film hat seine Logikschwächen und Fehler. Die meisten anderen Figuren sind so eindimensional und klischeebeladen, wie man es von Märchen kennt. Aber hier ist es eher zu verzeihen, weil die Geschichte vor allem von der Beziehung zwischen Maleficent und Aurora lebt. Und das wird wirklich gut erzählt. Natürlich darf auch hier ein schneidiger Prinz und ein wahrer Liebe erster Kuss nicht fehlen. Aber diese Geschichten-Formeln verlassen die üblichen Stereotype, was mir gut gefallen hat. Alles in allem ist Maleficent ein Film, den ich mir hin und wieder gerne ansehe.

Fazit

Als Fazit kann ich sagen, ich werde wohl bei den zeitlosen Trickfilmen bleiben, und die meisten Live-Action Versionen jenen überlassen, die Freude an modernen Interpretationen haben, wenn sie die immer lieblosere Qualität der Filme nicht stört.

Es ist schwer einzuschätzen wie lange Disney mit seinen Live-Action Remakes die Zuschauer überzeugen kann. Meines Erachtens werden eher die traditionellen Märchenfiguren weitere Jahrzehnte, oder sogar Jahrhunderte überdauern.

Und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie noch heute!

Bildquellen: ©The Walt Disney Company Germany GmbH

Weiterführende Links:

Mulan und die Uiguren: https://www.derstandard.de/story/2000119917248/mulan-droht-wegen-uiguren-fuer-disney-zum-desaster-zu-werden

Stimmen der Schaupielerinnen zu Arielle und Snow White: https://finance.yahoo.com/news/halle-bailey-rachel-zegler-talked-034918642.html?ocid=EMMX&guce_referrer=aHR0cHM6Ly93d3cuZ29vZ2xlLmRlLw&guce_referrer_sig=AQAAAJSREXzVxXEa6kRdX4qJMh-G8ZqL8r5QsrJL3JHSgdiD_AkV82xuoVgrd9iYyXGK25eJ30YSumL7K19WOIftErgYVpFb7eMgIHQlJGkQWwMCNKjsEbvTWCQFJBbPOWv61jhuhlWJh-1Zbcg8Ihc5bjUBtaIEi4Jfjst1j-kHQiS6&guccounter=2

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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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