Michael Sagenhorn/ Februar 12, 2015/ Literatur/ 0Kommentare

Die meisten Schriftsteller sind eine Schande! Sie verschleudern ihre Werke zu Dumping-Preisen. Viel Arbeit, wenig Geld.
 


Halt, halt! Arbeit? An dieser Stelle wollen wir doch festhalten, dass Schriftstellerei im Grunde das reinste Vergnügen ist. Ein inneres Feuer lodert in jedem Schriftsteller und zwingt ihn förmlich dazu, immerdar an Geschichten zu feilen.
Daher muss ich mich korrigieren: Schriftsteller sollten sich schämen, überhaupt Geld für dieses Vergnügen einzufordern. Schließlich können sie, quietschvergnügt in ihren Welten schwelgen, während weniger musisch begabte Menschen in Büros oder auf Baustellen schuften. Die Freude am Schaffen und eine begeisterte Leserschaft sind Lohn genug. Zudem erwartet sie der Thron der Popularität. Schnöder Mammon würde ihrer Krone der Kreativität nur den Glanz rauben.

Wenn du anderer Meinung bist, hast du dich vielleicht schon ein bisschen mit der Schriftstellerei auseinandergesetzt – oder du tust es noch. Der Absatz oben mag überspitzt sein, aber tatsächlich ist es so, dass ich mir zu meiner aktiven Schriftstellerzeit oft nachsagen lassen musste, dass Schriftstellerei nichts mit richtiger Arbeit zu tun hätte. Ein Umdenken konnte ich meist auch nicht durch Diskussionen bewirken, egal ob meine Argumente nun sachlich waren oder emotional. Interessant waren diese Diskussionen immer, leider aber zwecklos.



Bringen wir das Vergnügen der Schriftstellerei doch mal auf den Punkt: Du bist Schriftstellerin oder Schriftsteller. Ein kurzer Gedanke blitzt durch deinen Kopf, und daraus formt sich eine Idee. Diese Idee gefällt dir. Du baust sie zu einer Geschichte aus – am besten zu einer richtig stimmigen Geschichte. Du schwitzt, denn du weisst, dass zwischen einer Idee und der Geschichte Welten liegen.
Zu einer Geschichte gehört nicht nur ein spannender Verlauf, sondern auch ausgefeilte Protagonisten / Antagonisten. Interessante Handlungsorte wollen detailliert beschrieben werden. Das gibt der Story richtig Pfeffer. Du erstellst Charakterentwürfe und ein Exposee.
Dann legst du los. Hoppla! Eine Ungereimtheit! Wie peinlich! Zum Glück fällt dir sie noch auf, du verbannst sie. Überarbeitest und redigierst deinen Text.
Du willst auch, dass man die Geschichte ernst nimmt. Daher verlierst du nie den Leser aus den Augen. Also nimmst du dein Ego zurück, versuchst in die Perspektive des Lesers zu schlüpfen. Das kostet Kraft. Egal! Der Leser ist wichtiger.
Endlich! Ein Manuskript! Das Manuskript überarbeitest du weiter, bis es dir so richtig gut gefällt. Du bist stolz wie Oscar (noch hat dein Lektor ja nichts mitzureden). Du suchst dir Testleser, nimmst ihr Lob und viel wichtiger ihre Kritik an. Die schneidet richtig rein, besonders wenn sie gerechtfertigt ist. Also wieder ran an den Text…

Jetzt will ich es gut sein lassen. Von der Suche nach Verlagen und Rezensenten usw., den Auftritten auf Messen, Lesungen etc. will ich noch gar nicht reden. Jeder der also behauptet Schriftstellerei sei keine Arbeit ist ein glücklicher Mensch, denn er hat noch nie ernsthaft versucht eine Geschichte zu schreiben, bzw. versucht sie unter die Leute zu bringen.

Natürlich macht das Schreiben auch wahnsinnig Spaß. Und es kann unglaublich beglückend sein. Aber, dass die Arbeit Spaß macht, soll kein Argument dafür sein, sie für wenig Geld oder sogar umsonst zu machen. Sehen wir uns kurz die Tantiemen für Printausgaben an, die ein Autor bekommt.

Die Marge für ein Hardcover beträgt 8-10% des Nettopreises, die für ein Taschenbuch liegt zwischen 5% und 8%. Nehmen wir an, ein Taschenbuch wird zu 11,99 Euro im Laden verkauft. Abzüglich der Mehrwertsteuer hat das Taschenbuch einen Nettopreis von 11,20 Euro. Der Verlag räumt dem Autor eine Marge von 7% ein. So erzielt der Autor einen Umsatz von 78 Cent pro verkauftem Buch.

Wenig Geld und unerfüllte Träume, wenn man nicht zur kleinen Riege der gut verdienenden Autoren gehört. Gänzlich abstrus wird es dann, wenn Autoren sich wegen ihres geringen Einkommens auch noch schämen.
Wie mir vor kurzem erst wieder eine Autorin bestätigte: Es gibt Kollegen, denen ihr Verdienst so peinlich ist, dass sie nicht darüber reden. Warum? Sind Autoren für das gegenwärtige Wirtschaftssystem verantwortlich? Haben Autoren gejubelt, als Lese-Flatrates für E-Books eingeführt wurden, die oft zu Verlustgeschäften führen können? Liegt es an den Autoren, dass der Bereich Kultur so wenig Wert zu sein scheint? Ich kenne keinen Autoren, Künstler, Musiker, der eine lohnende Bezahlung nicht schätzen würde.

Müssen wir, die wir einen musischen Beruf gewählt haben, uns also wirklich für unseren Verdienst schämen? Oder sollten wir hin und wieder mal den Mund aufmachen und über Geld reden. ‚Wer Menschen Freude schenken will, wählt etwas Musisches, wer Geld verdienen will, wird Rechtsanwalt’.  Dieser Spruch ist so platt wie ein Gullideckel. Sicher können wir das System nicht einfach ändern. Aber unsere innere Einstellung können wir ändern. Wir können und sollten sagen: ‚Diese Vergütung stinkt mir! Sie wird in keiner Weise meiner Leistung gerecht!’

Solltest du, liebe Autorin, lieber Autor, deinen mutigen Weg weitergehen, musst du dich wegen deines Verdienstes nicht schief ansehen lassen. Gib nicht auf, und sprich darüber, warum dir deine Geschichten so viel Wert sind und warum du schreibst. Denn letzten Endes braucht die Welt schöne Geschichten. Auch wenn nur selten angemessen dafür bezahlt wird.

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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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