Michael Sagenhorn/ Dezember 10, 2015/ Interviews, Literatur/ 0Kommentare
Angeschnallt und durchgeladen! Der letzte Band der Endzeit-Saga ‚Schattengewächse – eine nahe Zukunft‘ ist da!
Der in Tübingen lebende Autor Phillip Schmidt hat damit ein Werk abgeschlossen, das ihn über viele Jahre begleitet hat. Für manch einen stellt sich da die Frage, woher ein Mensch überhaupt die Ausdauer und Kraft bezieht, sich so lange seinen Fiktionen zu widmen und Andere auf diese Reise mitzunehmen.
Niemand kann das besser beantworten als Philipp selbst. Er hat auf seiner Homepage Worte dafür gefunden, die mir aus dem Herzen sprechen:
“ Der Sinn von Literatur, gerade von phantastischer, schein mir darin zu bestehen, Erinnerungsarbeit zu leisten…
In der uns umgebenden schenellebigen Zeit, in der das Vergessen ( unserer Ursprünge) geradezu gottgleichen Charakter innehat, bedürfen wir umso mehr der (Rück-)Besinnung Ich bin davon überzeugt, dass in uns allen Helden und Zauberinnen wohnen, und diese Seelenanteile sind es, die sich regen, wenn wir in der Fantasie auf Abenteuerreise gehen. Eigentlich – so meine These – erfahren wir dabei nichts Neues, wir begegnen bloß uns selbst, blicken gleichsam in einen Spiegel.“
Mehr zu Philipp Schmidt und seinen Werken könnt Ihr auf seiner Homepage nachlesen, unter: www.philipp-schmidt.org.
Michael Sagenhorn: Hallo Philipp. Was hat dich daran gereizt, eine Endzeit-Saga zu schreiben?
Philipp Schmidt: Da kamen verschiedene Dinge zusammen. Ganz konkret hat es damit angefangen, dass ich 2013 auf eine Ausschreibung der Edition Bärenklau aufmerksam geworden bin. Ergebnis war der Prolog der jetzigen Reihe, der unter dem Titel „Schattenjäger“ in die Anthologie „Lasset uns Menschen machen“ aufgenommen wurde. Das hätte es dann gewesen sein können, aber die ersten Gossenhüter – Flocke, Bisam und Wespe – waren entstanden und haben mich nicht mehr losgelassen. Zudem wurde mir immer klarer, dass eine nah in der Zukunft angelegte Dystopie eine wunderbare Möglichkeit bietet, aufzuzeigen, wohin reale Entwicklungen führen könnten.
Michael Sagenhorn: Und was denkst du, ist die größte Stärke von ‚Schattengewächse – eine nahe Zukunft‘?
Philipp Schmidt: Ich denke, zum einen liegt die Stärke in den Figuren, die jedenfalls für mich sehr lebendig geworden sind, zum anderen in der runden, abgeschlossenen Geschichte, was über so viele Seiten und Bände hinweg gar nicht so einfach ist.
Dafür habe ich Sophia Pösselt, meiner Lektorin, zu danken, die von Anfang an mit dabei war und die Stringenz wie ihren Augapfel gehütet hat.
Eine andere Stärke der Reihe ist vermutlich zugleich als ihre größte Schwäche anzusehen: die Gesamtaussage ist sehr moralisch. Für die Schattengewächse habe ich recht früh beschlossen, gewisse Dinge nicht in einer literarischen Schwebe zu lassen, sondern ganz konkret zu sagen – durch die Figuren, versteht sich – was ich für gut und was ich für schwierig oder bedenklich halte. Wo führt es hin, wenn wir zulassen, dass Megakonzerne zu viel Macht und Einfluss gewinnen? Was wird geschehen, wenn wir unseren Planeten weiter wie bisher ausbeuten? Wie könnte human mit Flüchtlingswellen umgegangen werden? Wem dient eigentlich der Ost-West-Konflikt? – Das sind Fragen, die gestellt und für den aufmerksamen Leser auch ziemlich explizit beantwortet werden. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass Gesellschaftskritik in einem weiten Sinne Aufgabe der Dystopie sein sollte. Man denke nur an 1984. Ich denke Orwell hat uns ein Mahnmal hinterlassen, das heute vielleicht mehr denn je einen Zweck erfüllt.
Michael Sagenhorn: Nehmen wir mal an, es ist das Jahr 2038, und wir leben in deiner Welt. Wen würdest du dann gerne verkörpern, und warum?
Philipp Schmidt: Schwierige Frage, da ich zunächst einmal froh bin, nicht in der von mir geschaffenen Welt leben zu müssen. Aber wenn es denn so wäre, dann natürlich als Gossenhüter; ohne Verantwortung, nur den engsten Freunden und Teammitgliedern verpflichtet. Frei, unabhängig, stets einen coolen Spruch auf den Lippen, die Knarre immer locker im Holster. Am liebsten vielleicht als Cloud-Dancer – eine Art Super-Hacker, wobei mir dafür leider die Computerkenntnisse fehlen würden.
Michael Sagenhorn: Die Hauptreihe ist nun beendet. Aber du lädst Autoren dazu ein, das Schattengewächse-Universum weiterhin mit Leben zu füllen. Welche Geschichten würdest du dir, als Erbauer dieses Universums besonders wünschen?
Philipp Schmidt: Klasse fände ich, wenn dem Beispiel von Inka Mareila gefolgt würde, die mit ihrem noch nicht veröffentlichten Roman „Tod und Spiele“ eine Lücke zwischen dem ersten und dem zweiten Band gefüllt hat. Aber es könnten auch ganz neue Figuren und Handlungsstränge eingeführt werden. Am wichtigsten ist mir, dass die Stimmung erhalten bleibt, die zwischen Cyberpunk, Cowboy-Flair und dunkler Fantastik changiert.
Michael Sagenhorn: Und wohin können sich Autoren wenden, wenn sie eine Geschichte zu Schattengewächse beitragen wollen?
Philipp Schmidt: Es wird Anfang nächsten Jahres eine Ausschreibung für das Spin-off „Schattengewächse – Querschläger“ geben. Sophia und ich werden die besten Konzepte auswählen, um die Geschichten dann beim Ferge Verlag zu veröffentlichen. Voraussetzung für einen eigenen Beitrag ist selbstredend, die Hauptreihe gut zu kennen. Ich bin schon sehr gespannt, was da für neue Ideen kommen werden. Ebenso freue ich mich auf die geniale Hörbuchumsetzung von Ingo Fried, in die ich schon ein wenig hineinschnuppern durfte und einige andere Projekte im Zusammenhang mit den Schattengewächsen, die allerdings noch nicht ganz spruchreif sind.
Michael Sagenhorn: Danke für das Interview. Ich wünsche dir und deinen Verlag alles Gute und viel Erfolg.
Und euch wünsche ich beim Lesen von ‚Schattengewächse‘ die gleiche Freude, die ich beim Erstellen des Logos und der Grafiken hatte. Danke Philipp, für die tolle Zusammenarbeit.
Quellen:
Die Homepage von Philipp Schmidt, Rubrik ‚Person‘.