
Auf zwei Brettspiele habe ich in diesem Jahr sehnsüchtig gewartet. Das erste ist Maladum, das ich bereits hier vorgestellt habe, und das zweite ist Heroes of Might and Magic III (kurz HoMM), das Brettspiel zu der berühmten Videospielreihe.
HoMM, das PC-Spiel war mein absoluter Favorit. Es lag noch vor Baldurs Gate oder anderen Dungeons & Dragons-Spielen oder sonstigen Spielen, die mich damals zu Zockerzeiten begeistert hatten in meiner Gunst. Im Prinzip ist HoMM das einzige PC-Spiel, das bei mir einen gewissen Suchteffekt ausgelöst hatte. Oft spielte ich mit einem guten Freund im Hot-Seat-Modus sogenannte XL-Weltkarten. Da war die Nacht schnell rum – und ich habe keine davon bereut.
Was ist Heroes of Might and Magic?
HoMM ist ein rundenbasierendes Strategie- und Aufbauspiel. Ziel der meisten Spielmissionen ist es, die eigene Stadt aufzubauen und alle gegnerischen Städte einzunehmen. Zur Erkundung der sogenannten Weltkarte (Map) steht dem Spieler zunächst nur ein Held zur Verfügung; doch schon im frühen Verlauf kann er weitere Helden anheuern. Um die Stadt so schnell wie möglich aufzubauen und um Truppen anzuheuern, damit er gegen feindliche Helden gerüstet ist, benötigt der Spieler jede Menge Ressourcen. Daher wandert sein Held über die zu Beginn geschwärzte Karte (Nebel des Krieges) und deckt unbekannte Regionen auf. Unzählige Orte mit meist positiven Effekten warten im Nebel des Krieges auf ihre Entdeckung: Minen, magische Quellen, Hexenhütten, Stallungen, Windmühlen, Wasserräder, usw. … Jedoch werden diese Orte von neutralen Armeen bewacht. Diese muss man besiegen, bevor man sich die Schätze des Ortes einverleiben kann.
Im Laufe der Zeit wird nicht nur die Armee des Spielers mächtiger, sondern auch sein Held gewinnt mit steigender Erfahrung immer mehr Fähigkeiten und Talente hinzu – oder Zauber, wenn es ein zauberkundiger Held ist. In HoMM baut man also den oder die Helden auf (meistens ist der erste Held auch der favorisierte Held der Spieler), man baut die Stadt auf und erkundet die Karte. Für Kämpfe wechselt man in die Kampfansicht, wo die eigenen Einheiten den Einheiten des Gegners gegenüberstehen, entweder auf freiem Feld, auf Schiffen oder an einer mehr oder weniger gut befestigten Stadtgrenze.

Diesem Spielprinzip ist die Reihe, in den Jahren in denen ich sie gespielt habe, im Wesentlichen treu geblieben. Mit Heroes of Might an Magic II habe ich begonnen. Das letzte Spiel der Reihe, mit dem ich mich intensiv beschäftig habe, war HoMM V. Zwar habe ich mir HoMM VI noch zugelegt und ein paar Stunden gespielt, jedoch haben sich meine Lebensumstände im Laufe der Jahre verändert. Ich hatte nun eine Familie und da müssen manche spaßversprechenden Dinge von einst nach hinten treten. Durchgezockte Nächte gab es nicht mehr. Ich verabschiedete mich von der HoMM-Welt.
Heute ist meine Zockerzeit vorbei. Daher freut es mich umso mehr, dass ich HoMM nun als Brettspiel fortsetzen kann.

Die Umsetzung
Tatsächlich versucht das Brettspiel die PC-Spielreihe zu ehren, indem es so nah wie möglich an der Vorlage bleibt. Das Basisspiel enthält drei Fraktionen und ist für maximal 3 Spieler ausgelegt. In HoMM gibt es verschiedene Fraktionen, jede mit ihrer eigenen Stadt, ihren eigenen Kreaturen und ihren eigenen Fähigkeiten.
Das Basisspiel enthält die Fraktionen Schloss (Ritter der Menschen), Dungeon (Kreaturen, die unter Tage leben) und Nekropolis (Untote). Darüber hinaus existieren Spieleerweiterungen mit zusätzlichen Fraktionen: Schutzwall (Elfen), Inferno (Dämonen), Turm (Magier), Festung (Sumpfkreaturen). So ist es möglich, das Spiel mit seiner Lieblingsfraktion nachzurüsten.

Wie im PC-Spiel stehen jeder Fraktion sieben Truppentypen zur Verfügung, jedoch wurde die Organisation dieser Truppen stark vereinfacht. Denn ursprünglich hat jeder Truppentyp einen eigenen Level, der seine Stärke präsentiert. Fraktion Schloss z. B. hat als niedrige Level 1-Kreatur den Pikenier und als mächtige Level 7-Kreatur den Engel. Zudem kann man im PC-Spiel jeden Truppentyp aufrüsten. Im Fall des Engels beispielsweise zum viel stärkeren Erzengel.
Das Brettspiel löst die Level-Abstufungen mit Edelmetall. Hier gibt es 3 Einheiten der Bronzestufe, 2 Einheiten der Silberstufe und 2 Einheiten der Goldstufe. Der Erzengel ist nun Goldstufe. Alle Truppentypen sind bereits aufgerüstet. Engel oder andere unaufgerüstete Truppen existieren also nicht. Die Aktion des Aufrüstens wird abgelöst durch die Erhöhung der zahlmäßigen Stärke einer Einheit. Zu Beginn erhält man ‚wenige‘ einer Einheit, die man jedoch zu einem effektiveren ‚Rudel‘ ausbauen kann.
Diese Änderung finde ich in Ordnung, weil sie die zahlmäßig wachsende Armee symbolisiert, was ja auch ein wichtiges Merkmal des PC-Spiels ist.

Die Abenteuerkarte ist kein statisches Spielfeld, sondern kann aus einer Auswahl von 20 Gebieten zusammengesetzt werden, wobei jedes Gebiet eine für die Stadt typische Umgebung aufzeigt. Grüne Wiesen für Fraktion Schloss, braune Erde für Fraktion Dungeon, schwarze Einöde für Nekropolis. Auch hier hat man sich an die Vorlage gehalten.
Jedes Gebiet ist in sieben Hexagone gesplittet, auf denen die einträglichen Orte erkundet werden können. Auch diese Gebiete müssen erst von den Nebeln des Krieges befreit werden. Sehr schön ist ebenfalls die vorlagengetreue Artwork der Gebiete.

Karten! Nichts als Karten! – Und weiteres Equipment
Die größte Änderung gegenüber dem PC-Spiel sind die Karten. Natürlich müssen die vielen Talente, Zauber, Einheiten, Artefakte, Fähigkeiten irgendwie organisiert werden. Die Spieler stellen sich je nach Helden einen „Macht und Magie“-Kartenstapel zusammen, von dem sie je nach Erfahrungsstufe vier bis sieben Karten auf die Hand nehmen.
Zudem brauchen die Spieler auch entsprechende Tabelaus ihrer Stadt und ihres Helden. Neben den Gebieten der Abenteuerkarte, wird auch noch ein Kampfspielfeld für die Kämpfe benötig. Somit sind alle wesentlichen Elemente des PC-Spiels abgedeckt, wenn auch auf eine viel einfachere Weise. Aber die Spieler benötigen trotzdem einen großen Tisch für alle Utensilien.
Die Miniaturen

Das Basisspiel beinhaltet sechs wirklich schön gestaltete Heldenfiguren im gleichen Design wie im PC-Spiel. Zwei für jede Fraktion, je ein Held der Macht und ein Held der Magie. Der Spieler kann den Helden im Laufe des Spiels hochleveln, ihn mit neuen Talenten oder Artefakten ausrüsten oder seine bereits vorhandenen Fähigkeiten und Sonderfähigkeiten ausbauen.
Neben den Heldenfiguren gibt es leider keine weiteren Miniaturen. Zwar enthalten die Fraktionserweiterungen auch alle entsprechenden Einheitenmodelle, aber die 21 Miniaturen der drei Fraktionen im Basisspiel sind nur über die Erweiterung Stretch Goals erhältlich. Um zu spielen, reichen die im Basisspiel mitgelieferten Einheitenkarten jedoch völlig aus. Die Miniaturen sind lediglich hübsches Beiwerk.
Aber für mich, den Miniaturen-Liebhaber und HoMM-Fan sind sie ein absolutes Muss. Die Miniaturen sehen fantastisch aus, besonders die Drachen. Genau so müssen Drachen aussehen! Natürlich werden einige der Miniaturen auch bei meinen selbst entwickelten Herausforderungen von HeroQuest einen Gastauftritt haben.
Mein Eindruck
Ein sehr gut umgesetztes Fantasy-Strategie-Spiel, das seiner Vorlage gerecht wird.
Aufgrund meiner langen Erfahrung mit den PC-Spielen konnte ich fast sofort loslegen. Ich kenne nach wie vor einen guten Teil der Zauber, der Talente und Fähigkeiten der Helden. Natürlich kann das Brettspiel vom Umfang her nicht mit seinem elektronischen Pendant mithalten. Das wäre auch schwer umzusetzen gewesen. Jemand, der noch nie mit HoMM in Berührung gekommen ist, könnte das Brettspiel bereits in dieser vereinfachten Form unübersichtlich finden, doch keine Sorge. Auch neue Spieler sollten sich nach ein paar Spielen zurechtfinden.
Für den Einstieg empfehle ich im Gegensatz zu den Entwicklern NICHT die Quest Schöne Neue Welt. Für das erste Spiel finde ich, das Solo-Szenario Heimkehr besser geeignet, auch wenn man zu mehreren spielt. Da kann man sich beraten und abwechseln. Bei dieser Mission braucht man sich um den Aufbau der Stadt noch nicht zu kümmern. Es gib auch noch keine sogenannten Astrologen-Runden. Ressourcen spielen eine untergeordnete Rolle. Man wird langsam an die Spielmechanik herangeführt.
Wenn die Regeln soweit sitzen, kann man sich an die Szenarien der anderen Modi machen, denn neben dem Solo-Modus, der aufgebaut ist wie eine Kampagne aus den PC-Spielen, gibt es den Konfliktmodus, in dem man gegeneinander spielt und den kooperativen Modus, in dem man gemeinsam das Szenario bestreitet.
Liebhaber der HoMM-Reihe werden an diesem Brettspiel ihre Freude haben. Wie bei gut gemachten Game Verfilmungen werden wir in die Welt, die wir kennen, hineingezogen. Doch im Gegensatz zu Filmen macht ein Brettspiel die Welt eines Videospiels greifbarer, im wahrsten Sinne des Wortes.
Mich haben die Entwickler von Heroes of Might and Magic III – Das Brettspiel voll abgeholt. Es ist eine Möglichkeit, in diese Spielewelt einzutauchen, ohne sich gleich wieder die Nächte um die Ohren zu schlagen.

Fotos: Michael Schnitzenbaumer 2025