Michael Sagenhorn/ Juli 15, 2025/ Horror, Kino und Film/ 0Kommentare

Neulich stieß ich auf Amazon Prime zufällig auf eine Serie mit dem Namen Ebersberg. Sofort stoppte ich das Scrollen und betrachtete die Info näher. Ebersberg? Ich wohne doch in Ebersberg! Nicht in der Stadt, aber im Landkreis. Klar, dass mich eine Serie, die direkt vor meiner Haustür spielt, einfängt.

Also nähere Infos eingeholt: Es handelt sich um eine Mystery-Webserie in zwei Staffeln. Na ja! Kann man ja mal reingucken. Die Folgen der ersten Staffel dauern lediglich je knapp 20 Minuten. Wenn’s also Blödsinn ist, verliere ich nicht viel Zeit.
Doch was passiert, wenn man so überhaupt keine Erwartungen an ein völlig unbekanntes Filmprojekt hat? Sie werden übertroffen. Und zwar tatsächlich so sehr übertroffen, dass mir die Serie eine kleine Besprechung wert ist.

Handlung

Für Andreas Wertl läuft es nicht gut. Vor kurzem hat er sich von seiner Familie, von seiner Frau Hannah und seiner Tochter Laura getrennt, dann ist auch noch seine Mutter gestorben. Den einzigen Halt findet er in seiner Arbeit. Als Youtuber produziert er für seinen Kanal über unheimliche Phänomene, Video-Clips zu Geistern und unerklärliche Begebenheiten, obwohl er selbst nicht daran glaubt.

Sein neuestes Projekt führt Andreas zum Ebersberger Forst. Hier spukt die Weiße Frau in der Nähe der kleinen Hubertuskapelle. Zu Lebzeiten soll sie dort bei Nacht die Straße entlangspaziert sein. Ein Autofahrer hatte sie bei einem dieser Spaziergänge erfasst und sie sterbend zurückgelassen. Seitdem sucht die Weiße Frau ihren Mörder.

Andreas überredet seinen Freund Max ihm dabei zu helfen, dem Geheimnis der Weißen Frau nachzugehen. Ab da geraten die Dinge außer Kontrolle, denn die Weiße Frau scheint mehr als nur eine gruselige Gute-Nacht-Geschichte zu sein …

Die Weiße Frau vom Ebersberger Forst

Den Mythos um die Weißen Frau vom Ebersberger Forst gibt es wirklich, auch wenn er jedwede historische Grundlage vermissen lässt. Trotzdem erzählt man sich das Geistermärchen schon eine geraume Weile, angespornt durch das Internet.

Ein tödlicher Unfall mit Fahrerflucht gebiert eine finstere Geschichte. Die Weiße Frau vom Ebersberger Forst soll bis heute am Straßenrand nahe der Hubertuskappelle ihr Unwesen treiben. Nach wie vor ist sie auf der Suche nach ihrem Todesfahrer. Wer sie mitnimmt, dem geschieht kein Leid. Wer jedoch an ihr vorbeibraust, dem erscheint sie plötzlich auf dem Rücksitz. Sie greift ins Steuer, damit der Fahrer tödlich verunglückt.

Jedoch hat es den Unfall, der eine Fußgängerin in einen Rachegeist verwandelt, nie gegeben. Zumindest wurde nichts darüber niedergeschrieben. Aber es ist eine Mär, aus der man eine schöne Spukgeschichte kreieren kann.

Unsere Bergregionen sind ja voller Mythen. Fast jeder Berg hat seine eigene Geschichte. Aber auch das Umland lädt manchmal zu wohligem Schauer ein. Gerade der Ebersberger Forst und das angeschlossene Moor beflügeln kreative Geister zu solchen Geschichten. Am Tag bei Sonnenschein wirkt der Forst freundlich, doch wenn die Dämmerung hereinbricht, besonders zu kargen Jahreszeiten, zu Herbst oder Winter, verwandelt sich das Holz in eine bedrohlich wirkende Landschaft.
Regisseur und Drehbuchschreiber Manuel Weiss hat also genau den richtigen Landstrich für seine Gruselgeschichte gewählt. Zudem punktet er bei mir persönlich mit dem Heimbonus.

Viel Mystery und ein bisschen Bayern-Krimi

Doch was dürfen wir von der ambitionierten Low-budget-Produktion erwarten? Man merkt der Webserie zweifelsfrei an, dass nicht viel Geld verfügbar war. Der Forst selbst wurde prima eingefangen, aber gerade bei Innenaufnahmen, die nicht in den Wohnungen der jeweiligen Protagonisten spielen, muss viel Fantasie mitgebracht werden, obwohl Weiss alles versucht hat, um das Setting glaubhaft wirken zu lassen. Jedoch sieht die Wirtschaft in der ersten Staffel ebenfalls mehr wie ein Wohnzimmer aus, und das Polizeirevier in der zweiten Staffel wirkt nicht so ganz echt. Mit dem vielen verglasten Wandelementen scheinen es ganz normale Büroräume zu sein, die kurz in der Mittagspause angemietet wurden.

Auch die Schauspieler können nicht immer überzeugen, obwohl man ihrem Spiel ansieht, dass sie versucht haben, alles zu geben. In manchen besonders emotionalen Szenen reicht das aber leider nicht aus. Diese Szenen wären mit einem weniger hölzernen Schauspiel viel eindringlicher gewesen. Aber was nörgle ich? Schließlich waren selbst bei dem besser budgetierten Hagen im Tal der Nibelungen manche darstellerischen Leistungen sehr laienhaft. Zudem wirken die Figuren hier trotzdem lebensnah und sympathisch.

Positiv herausgestochen sind Florian Günther als melancholischer Andreas Wertl und Jolie Sarah Werner als seine Tochter Laura Wertl.

Und die Geschichte selbst? Es ist keine Kuschelgeschichte, kein kleines Schauermärchen um einen armen Geist oder eine Geschichte, die später eine rationale Auflösung parat hat, sondern wir bekommen es mit einem bösartigen Wesen zu tun.

In der zweiten Staffel kommt dann noch ein Kriminalfall hinzu, der auch mit der Weißen Frau zusammenhängt und gelöst werden muss. Hier tritt Kommissar Moser (Reinhard Paul Seyer) auf den Plan. Das Ende wird nicht jeden erfreuen, aber es ist absolut passend.

Jedoch wird dem Horrorkenner nichts Neues geboten. Hier gibt es keine wirklich originellen Ideen, und das, was gezeigt wird, wurde in anderen Produktionen schon besser umgesetzt. Man merkt, dass die Geschichte von anderen Geistergeschichten inspiriert worden ist. Der Grusel ist aber solide, auch wenn nicht jeder Jump-Scare sitzt.

Fazit

Für eine Produktion mit hungernder Geldbörse ist Ebersberg trotz allen daraus hervorgehenden Defiziten beachtlich.
Natürlich wird ein Horrorfilm- und Mystery-Fan nichts Neues entdecken, jedoch ist es vielleicht auch für alte Hasen des Genres interessant, was man alles mit wenig Geld auf die Beine bringen kann. Ich fand die Serie unterhaltsam und besser als so manche langweiligen B-Movies aus den Staaten.

Ebersberg kann auf Amazon Prime und YouTube kostenlos gestreamt werden.

Bildquelle: © Weiss Entertainment ®

Weiterführende Links:

Die Webserie bei Youtube ansehen: https://www.youtube.com/@Ebersbergwebserie/videos

Die Legende der Weißen Frau vom Ebersberger Forst: https://www.sueddeutsche.de/muenchen/ebersberg/ebersberger-forst-weisse-frau-mythos-1.3322529

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Über Michael Sagenhorn

Im bürgerlichen Leben: Michael Schnitzenbaumer, lebt in Poing bei München, mit seiner Frau Steffi und seinen beiden Kindern Tatjana und Sebastian. Beruflich ist er als Webentwickler tätig, und natürlich auch als Grafiker und Illustrator. Neben den Hobbys 'Fotografie', 'Reisen und 'Kochen' liest er für sein Leben gerne phantastische Romane. Sofern es seine Zeit zulässt, spielt er auch mal gern ein Computerspiel. Was ich mag! Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft, Empathie, Romantik - Ohrenstöpsel und Tante Gretels Apfelkuchen. Was ich nicht mag! Verrat, Geldgier (obwohl ich gegen Geld oder Reichtum gar nichts einzuwenden habe), Egomanie - früh aufstehen.

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